Nur noch wenige Tage, dann können die Anleger an der Wall Street Ferrari-Aktien kaufen. Fiat-Chrysler-Chef Marchionne verfolgt mit dem Börsengang weitreichende Pläne.
Nobelkarossen sind in Manhattan nicht selten. Doch gleich zwei Ferrari-Edelmodelle hintereinander sieht man auch auf der 6th Avenue nicht alle Tage. Anlass ist der bevorstehende Börsengang des legendären italienischen Sportwagenbauers Ferrari an der Wall Street. Um die Werbetrommel für die neuen Aktien zu rühren, hat die Investmentbank UBS die Luxusschlitten – eine rote F12 Berlinetta und ein blaues California Cabrio – vor ihrem New Yorker Hauptquartier aufgefahren. Passend sozusagen zur «Road Show», wie die Marketingkampagnen vor Börsengängen im Finanzjargon heissen.
Die Vorbereitungen für das Börsendebüt der exklusiven Automarke aus dem norditalienischen Maranello nehmen Fahrt auf. Schon am Dienstag könnten die Papiere unter dem passenden Kürzel RACE – zu Deutsch: Wettfahrt – erstmals an der New York Stock Exchange gehandelt werden, heisst es in Finanzkreisen. Offiziell bestätigt ist der Termin noch nicht, doch in jedem Fall steht er unmittelbar bevor. Sergio Marchionne, Vorstandchef der Muttergesellschaft Fiat Chrysler (FCA) und Ferrari-Präsident in Personalunion, verfolgt mit der Platzierung an dem renommierten Aktienmarkt grosse Ziele.
Milliardenertrag erwartet
Bisher hält FCA 90 Prozent an Ferrari. Der Rest gehört Piero Ferrari, Sohn des legendären Firmengründers Enzo Ferrari (1898-1988), der einst mit dem «Cavallino rampante», dem sich aufbäumenden Pferdchen, das vielleicht bekannteste Markenzeichen Italiens schuf und in seiner Heimat eine Kultfigur ist. Nun sollen neun Prozent der FCA-Papiere den Anlegern angeboten werden, mit der Option, ein weiteres Prozent zu kaufen. Die Papiere werden in einer Preisspanne zwischen 48 und 52 US-Dollar angeboten, eine knappe Milliarde Dollar (880 Mio. Euro) könnte da zusammenkommen.
Die restlichen 80 Prozent bleiben bei Fiat Chrysler – erst einmal, denn Anfang 2016 sollen sie dann an die FCA-Aktionäre verteilt werden. Dann wird jeder Fiat-Kleinaktionär Anteilseigner an der Nobelmarke, von der 2014 nur 7255 Stück die Werkstore in Maranello verliessen. Jedes Jahr strömen Liebhaber aus aller Welt in die Kleinstadt südlich von Enzo Ferraris Geburtsort Modena, um sich das Ferrari-Museum anzuschauen oder zu Preisen ab 70 Euro aufwärts pro zehn Minuten selber eine Runde mit einem der Flitzer zu drehen.
Lange Vorbereitungsphase
Der Börsengang des «Pferdchens» glich bisher allerdings eher einem Stotterstart als einer Vollgasveranstaltung. Bereits vor gut einem Jahr hatte FCA angekündigt, die Sportwagentochter abzuspalten, doch dann zog sich das Ganze unerwartet lange hin. Und manche Analysten sind skeptisch, ob sich Ferrari-Aktionäre am Ende wirklich als Sieger fühlen können. «Einige Cheerleader brauchen eine kalte Dusche», warnt Max Warburton vom Analysehaus Bernstein. Ferrari sei wachstumsschwach und verschlinge massive Technologie-Kosten, warnt der Branchenkenner.
Einer dürfte sich auf jeden Fall die Hände reiben: Chef Marchionne, der Italo-Kanadier, den sie intern auch «den Mann mit den zwei Gehirnen» nennen. Er hat das «Cavallino» genutzt, um die Aktie der angeschlagenen Konzernmutter in die Höhe zu treiben. Denn seit bekanntwurde, dass es für Fiat-Aktien Ferrari-Aktien geben wird, wurden erstere zum Verkaufsschlager. Seit Marchionne den Ferrari-Börsengang ankündigte, ist der FCA-Kurs um mehr als 80 Prozent gestiegen. Das ist ganz im Sinne von Marchionne: Er will dem angeschlagenen Konzern bis zu seinem für Ende 2018 angekündigten Rückzug zu neuem Glanz verhelfen.