Kevin Fiala geht an Krücken und ist beim Stanley-Cup-Final nur Zuschauer. Dennoch hadert er nicht. Er sieht vielmehr das Positive.
Den Nashville Predators fehlen noch zwei Siege, um erstmals in ihrer noch jungen Geschichte den NHL-Titel zu holen. Gelingt der Coup, darf sich neben den Berner Verteidigern Roman Josi und Yannick Weber auch Kevin Fiala Stanley-Cup-Sieger nennen. Fiala geht beinahe vergessen, da die Saison für ihn wegen eines Oberschenkelbruchs zu Ende ist. Deshalb erschien der 20-jährige Ostschweizer nach dem 4:1-Heimsieg von Nashville im vierten Finalspiel gegen Pittsburgh mit einer Krücke in der Garderobe. «Es geht jeden Tag besser. Es ist schön, Fortschritte zu sehen», sagte Fiala.
Die Verletzung erlitt er in der ersten Viertelfinal-Partie gegen die St. Louis Blues, als er nach einem Check von Robert Bortuzzo mit dem linken Bein mit voller Wucht in die Bande prallte. «Es war ein Schock. Ich dachte nicht, dass es dermassen schlimm ist», blickt Fiala zurück. Seine erste Frage war denn auch: «Wie lange falle ich aus?»
Viele Genesungswünsche
Das Malheur war umso ärgerlicher, zumal sich Fiala in einer blendender Verfassung befand. Zum unerwarteten «Sweep» im Achtelfinal gegen die hoch gehandelten Chicago Blackhawks trug er zwei Tore bei; das zweite schoss er in der Verlängerung der dritten Partie (3:2). Wie sehr er sich mit seinen starken Leistungen in die Herzen der Fans gespielt hat, zeigt sich an der Wand in unmittelbarer Nähe der Umkleidekabine. Dort hängen zahlreiche Plakate mit Genesungswünschen. Beispielsweise steht geschrieben: «Du schaffst das! Superman». Das motiviere ihn, wieder zurückzukommen, so Fiala.
Tatsächlich scheint der Erstrunden-Draft von 2014 (Nummer 11) in der NHL angekommen zu sein. Zwar wurde er in dieser Saison zweimal zum Farmteam Milwaukee Admirals geschickt, seit Mitte Februar hielt er sich jedoch in der besten Liga der Welt. Insgesamt bestritt er in der NHL-Qualifikation 54 Partien und erzielte elf Tore sowie fünf Assists. «Es war ein Auf und Ab», sagte Fiala. «Am Ende fand ich mein Spiel, war ich konstant. Darum blieb ich oben.»
Mental gereift
Fiala hat einen Lernprozess hinter sich. Als er vor der Saison 2015/16 in die AHL musste, fiel er in ein tiefes Loch. Mitte November 2015 erhielt er eine Sperre von zwei Spielen wegen einer obszönen Geste («Stinkefinger»). Das öffnete ihm die Augen. Diesmal ging er mit den Degradierungen deutlich besser um.
«Das ist das Ziel», sagte Fiala. «Mir gelangen vor allem im mentalen Bereich Fortschritte. Wenn du als junger Spieler unten bist, verstehst du es nicht. Ich wollte damals so schnell wie möglich in die NHL. Aber schlussendlich hängt es von dir ab. Der schnellste Weg, nach oben zu kommen, ist Gas zu geben und den Trainern zu zeigen, dass du den Platz in der NHL verdienst.» Er habe allerdings noch viel zu lernen, da er ja erst 20 Jahre alt sei.
«Bin stolz auf die Mannschaft»
So ungeduldig er bezüglich der NHL war, so geduldig geht er mit der Verletzung um. Insofern sieht er sie als guten Test. «Ich muss mental gut sein, das Positive sehen und nach vorne schauen», erklärte Fiala. Die Zuschauerrolle fällt ihm aber sehr schwer, er ist in jedem Spiel nervös. Auf die Leistungen seiner Teamkollegen angesprochen, kommt er ins Schwärmen. «Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft. Alle gehen füreinander, auch ausserhalb des Eisfeldes. Du siehst, dass es ein Team ist. Das ist der Schlüssel.»
Insofern wollen die Spieler von Nashville auch für ihn den Pokal holen, das haben sie klar gemacht. In der nächsten Spielzeit möchte Fiala dann wieder angreifen, obwohl er noch nicht genau weiss, wann er wieder Vollgas geben kann. «Ich erwarte eine gute Saison von mir», gab er sich kämpferisch. Und vielleicht stehen die Predators ja nicht zum letzten Mal im Final.