«Film ist doch Betrug»

Henry Hübchen wirkt vor der Kamera meist wie ein brummelnder Eigenbrötler. Wenn man dem Schauspieler gegenübersitzt, ist er ein lebensfroher Melancholiker. Und ein Mann mit Widersprüchen: Er gewöhnt sich das Rauchen ab, indem er immer wieder seine letzte Zigarette besitzt. Ein Gespräch. Mit Frank Castorf hat Henry Hübchen, lange bevor die Berliner Volksbühne vom Westen […]

Henry Hübchen in «Am Hang».

Henry Hübchen wirkt vor der Kamera meist wie ein brummelnder Eigenbrötler. Wenn man dem Schauspieler gegenübersitzt, ist er ein lebensfroher Melancholiker. Und ein Mann mit Widersprüchen: Er gewöhnt sich das Rauchen ab, indem er immer wieder seine letzte Zigarette besitzt. Ein Gespräch.

Mit Frank Castorf hat Henry Hübchen, lange bevor die Berliner Volksbühne vom Westen heimgesucht wurde, in der Hansestadt Anklam einen eigenen Stil entwickelt, dann in Köln, in Berlin. In Dany Levys «Alles auf Zucker» hat er bewiesen, dass er ein schlitzohriger Komödiant ist. Als Commissario Laurenti ermittelt er in europäischen Fernsehstuben. Und in Markus Imbodens «Am Hang» liefert er eine subtile Charakterstudie.

Vor der Kamera wirkt er gern als ein brummelnder Eigenbrödler. Wenn man ihm gegenübersitzt, ist er ein lebensfroher Melancholiker. Ein Mann mit Widersprüchen: Er gewöhnt sich das Rauchen ab, indem er immer wieder seine letzte Zigarette besitzt. Ein Gespräch.

Sie haben mit Castorf Romane von Dostojevskij auf die Bühne gebracht – jetzt bringt Markus Imboden mit Ihnen «Am Hang» von Markus Werner auf die Leinwand. Wie unterscheidet sich für Sie die Arbeit mit Roman-Vorlagen in Theater und Film?

Castorf hat ja als Regisseur immer eine Art Bearbeitung eines Romans gemacht. Imboden hatte bereits ein Drehbuch vorliegen: Der Roman ist in Dialogen geschrieben. Da stand bereits eine Auswahl von Dialogen fest. Aber die Dialoge sind ja noch nicht die Situation. Das ist dann unsere Arbeit – dafür Spielideen zu finden. Da wird der Text zweitrangig. Imboden hat viel verändert, auch im Gespräch mit uns.   

Sie spielen einen Musiker – spielen Sie Cello? 

Ich? Nein. Film ist doch Betrug. Ich habe wohl grosse Lust auf Musik, aber ich könnte das nicht so wie Martina. Sie hat beim Drehen auch selber gespielt. Ich habe gerade mal die Haltung geübt. In «Alles auf Zucker» musste ich Billard spielen. Das kann ich auch nicht. Ich merke mir dann – wie ein Hochstapler – Haltungen und Griffe. Das sieht vielleicht im Film professionell aus, aber die Kugel geht in Wirklichkeit immer daneben.

Der Film fängt mit einem zweideutigen Bild an. An einer Bahnschranke. Sie stehen vor einer Entscheidung ….

Ich verstehe, warum jemand nicht mehr weiter machen will, ein Ende setzen will. Aber, wie jemand dazu kommt, mit dem Tod zu spielen, um weiterzuleben? Ich weiss nicht. Martina Gedeck hat das so formuliert: Ein Mensch, der sich derart versteigt, lebt bereits nicht mehr. Ist im eigenen Leben ein Fremder.

Das Drehbuch hat zum Roman viel dazu erfunden. Zum Beispiel dieses Spiel mit dem Tod.

Das macht die Figur viel fragiler als im Buch. Als Stalker lebt man ja auch in Einbildungen. Man glaubt, mit einem Menschen zusammen zu leben, ist aber für ihn ein Fremder…

Jetzt geht es wieder zurück nach Berlin. Sehen wir Sie bald wieder auf der Bühne?

Nein. Ein Leben lang immer dasselbe machen – das ist nicht so mein Ding. Ich habe auf der Bühne einfach schon fast alles gesehen. Ich bewundere Leute, die in ihrem Leben mehrmals, radikal neu anfangen, etwas anderes machen.

Was würden Sie gerne neu beginnen?

Eine Zeitlang auf einem Boot leben.

Sie haben auch in der Schweiz gedreht. Was ist Ihnen aufgefallen?

Dass alles sehr teuer ist.

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