Mit Reden von Direktorin Seraina Rohrer und Bundesrätin Simonetta Sommaruga sind die 48. Solothurner Filmtage am Donnerstagabend feierlich eröffnet worden. Rohrer überraschte mit einer programmatischen Rede zur Filmpolitik.
„Mich hat ein Jahr als Direktorin der Filmtage politisiert“, sagte sie gemäss Redetext. Die Schweizer Filmpolitik laufe auch unter dem neuen Förderregime Gefahr, Filme zu fördern, die allen gefallen wollen, um möglichst auf Konsens zu stossen. Doch niemand lobe einen Film wegen dessen Kompromissbereitschaft.
„Man kann nicht verlangen, dass jeder Film einen Brand auslöst, aber man kann davon ausgehen, dass die Chancen steigen, wenn am Anfang zumindest eine Glut da war“, betonte Rohrer.
Einige ihrer Aussagen konnten als Kritik an der Filmpolitik von Ivo Kummer verstanden werden, Rohrers Vorgänger bei den Filmtagen und nun Filmchef beim Bundesamt für Kultur (BAK). „Bei den kleinsten Unstimmigkeiten werden Branchenumfragen lanciert, um eine Konsenslösung zu finden“, sagte Rohrer.
Zugleich würden die Mittel der Filmförderung breit gestreut: „Ich bin überzeugt, dass es für die erfolgreichen Filme mehr Geld braucht.“ Den Filmschaffenden hielt sie vor, dass sich ein Teil von ihnen „auf Isolationskurs“ befände.
So werde das europäische Förderprogramm MEDIA wegen einiger Formulare kritisiert. Rohrer räumte ein, dass ihre Kritik zu einem Zeitpunkt erfolgt, an dem das hiesige Filmschaffen so gut dasteht „wie schon länger nicht“.
Grosses Kino statt hohe Tiere
Justizministerin Sommaruga vertrat bei der Eröffnung Bundespräsident Ueli Maurer, der am WEF weilt. Sie habe sich für „grosses Kino im Mittelland“ statt „hohe Tiere in den Bergen“ entschieden, sagte Sommaruga in einer der unterhaltsamsten bundesrätlichen Filmtage-Reden der vergangenen Jahre.
Die Bundesrätin sprach vor allem über ihre Liebe zum Kino und zu einzelnen Filmen. Als Werk, das sie schon lange fasziniere, nannte die Justizministerin „The Godfather“ von Francis Ford Coppola. „Das war schon so, bevor ich es als Vorsteherin des EJPD mit der organisierten Kriminalität zu tun bekam“, betonte sie.
Den Filmschaffenden versprach Sommaruga in Solothurn, dass die Branche bei der Weiterentwicklung des Urheberrechtes angehört werde: „Klar ist: Die Filmbranche ist darauf angewiesen, dass sie angemessen verwerten kann, was sie produziert.“
Als Eröffnungsfilm am Donnerstag war „Rosie“ zu sehen, der erste Kinospielfilm von Markus Gisler seit 14 Jahren. Der Beitrag handelt von einem schwulen Schriftsteller, der aus Berlin in die Schweiz zurückkehrt, um sich um seine Mutter zu kümmern.
Stargast sagt kurzfristig ab
Kurz vor der Eröffnung mussten die Filmtage eine schmerzhafte Absage hinnehmen: Die für kurzfristige Entschlüsse berühmt-berüchtigte argentinische Starpianistin Martha Argerich, deren Tochter Stéphanie in Solothurn als Schweizer Premiere das Künstlerporträt „Argerich“ präsentiert, reist jetzt doch nicht an.
Noch immer ist die Zahl der Stargäste dieses Jahr jedoch aussergewöhnlich hoch: Die Regisseure Ulrich Seidl („Paradies: Liebe“) aus Österreich und Carlos Reygadas („Post Tenebras Lux“) aus Chile werden für das Spezialprogramm „Fokus“ erwartet.