Die Finanzkrise bremst die Lohnentwicklung weltweit. Der globale Anstieg der monatlichen Bruttolöhne lag nach Abzug der Inflation im Jahr 2011 bei 1,2 Prozent, wie die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) am Freitag mitteilte.
Das Plus ist praktisch nur China zu verdanken. Nimmt man die Lohnsteigerungen im Reich der Mitte aus, wären die Saläre weltweit nur um 0,2 Prozent gestiegen. 2010 hatte der Zuwachs noch bei 2,1 Prozent gelegen.
Einbussen gab es in den Industrieländern, wo die Löhne um 0,5 Prozent sanken. Dagegen verdienten die Angestellten in Asien und Lateinamerika mehr.
Krise schlägt auf Löhne
„Der Bericht zeigt, dass die Krise in vielen Ländern massive Folgen für die Löhne hatte und damit auch für die Beschäftigten“, erklärte ILO-Generaldirektor Guy Ryder bei der Vorstellung der Studie in Genf.
In Griechenland seien die Löhne in den Jahren 2010 und 2011 gar um 15 Prozent gefallen, sagte Studienhauptautor und ILO-Chefökonom Patrick Belser. Dies in der Hoffnung, die Wettbewerbsfähigkeit des krisengeschüttelten Landes zu verbessern.
Der Einschnitt fiel viel tiefer aus als vorgesehen und schlug auf die Wirtschaft durch, die in die Rezession rutschte. Der Binnenkonsum brach ein, während die Exporte von Hellas kaum wuchsen.
Die ILO empfiehlt eine Politik des Mindestlohns, um zu verhindern, dass die schlecht bezahlten Angestellten an Kaufkraft verlieren. Hunderte Millionen Beschäftigte in den Entwicklungsländern verdienen weniger als 2 Dollar pro Tag.
Auf den Philippinen erhält ein Arbeiter in der verarbeitenden Industrie 1,40 Dollar pro Stunde, während es in Brasilien 5,50 Dollar sind. In Griechenland werden 13 Dollar bezahlt, in den USA 23 Dollar und in Dänemark 35 Dollar.
Kaum mehr Lohn in Industriestaaten
Seit dem Jahr 2000 sind weltweit die durchschnittlichen Monatslöhne nach Abzug der Teuerung laut ILO um ein Viertel gestiegen. Dabei zeigen sich allerdings grosse Unterschiede zwischen den Regionen. In Asien haben sich die durchschnittlichen Monatslöhne verdoppelt, in China gar verdreifacht. Dagegen bekamen Angestellte in den Industriestaaten nur 5 Prozent mehr.
Laut ILO haben die Löhne nicht mit der Produktivität Schritt gehalten. Dies sei eine der Ursachen der Krise, sagte ILO-Generaldirektor Ryder. Die Arbeitsproduktivität in den Industrieländern nahm zwischen 1999 und 2011 im Schnitt mehr als doppelt so stark zu wie der Durchschnittslohn.
In den USA legte sie ausserhalb der Landwirtschaft seit 1980 um 85 Prozent zu, während die Saläre lediglich um gut ein Drittel kletterten. In Deutschland stieg die Produktivität in den vergangenen zwei Jahrzehnten um fast ein Viertel, während die Reallöhne gleich blieben und zwischen 1999 und 2007 sogar rückläufig waren.
Die Experten der in Genf ansässigen UNO-Organisation warnten vor dem Versuch, sich durch niedrige Löhne „aus der Krise heraus zu sparen“.