Der Bund hat letztes Jahr 2,1 Milliarden weniger Bundessteuern eingenommen als budgetiert. Warum es dazu kam, kann auch eine Untersuchung des Finanzdepartements (EFD) nicht eindeutig beantworten.
Eine Rolle gespielt haben dürften aber Verlustvorträge, insbesondere im Finanzsektor, und die Unternehmenssteuerreformen.
Der Finanzsektor habe in der Vergangenheit einen bedeutenden Beitrag zu den Gewinnsteuereinnahmen geleistet, heisst es in dem Bericht. Seit der Finanzkrise, die viele Unternehmen in die Verlustzone gebracht habe, war dies nicht mehr der Fall. Dies wirkt sich noch Jahre nach der Erholung aus: Der Verlustvortrag erlaubt es Unternehmen nämlich, Verluste aus sieben vorangegangenen Geschäftsjahren von der Gewinnsteuer abzuziehen.
Seit der Finanzkrise warten die Kassenwarte der öffentlichen Hand darum vergeblich auf Gewinnsteuern von den grossen Finanzinstituten. Die Nachwirkungen der Finanzkrise in Form von anhaltend hohen Verlustvorträgen dürften eine wichtige Rolle spielen bei der enttäuschenden Entwicklung der Gewinnsteuern, heisst es denn auch im Bericht des EFD.
Befürchtete Reformen
Handelt es sich bei den Verlustvorträgen um Nachwehen, wirkt die Unternehmenssteuerreform III schon im Voraus. Insbesondere der Druck auf die so genannten Statusgesellschaften dürfte schon Spuren in der Bundeskasse hinterlassen haben.
Es handelt sich dabei um Gesellschaften, die innerhalb eines Konzerns zentrale Aufgaben wie die Verwertung von Lizenzen oder die Verwaltung von Beteiligungen erbringen. Sie zahlen in den Kantonen kaum Steuern, schulden aber auf Bundesebene die volle Gewinnsteuer: 2011 stammte rund die Hälfte der Gewinnsteuereinnahmen von Statusgesellschaften.
Deren steuerliche Privilegierung in den Kantonen soll aufgrund des Drucks aus dem Ausland im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III abgeschafft werden. Die Unsicherheit bezüglich zukünftigen Steuerregeln könnte einige Firmen dazu bewegt haben, sich umzusiedeln, heisst es in dem Bericht. Andere dürften auf eine Neuansiedlung in der Schweiz verzichtet haben. Darauf deuten auch die Daten der Kantone hin.
Unbekannte Auswirkungen
Während die Unternehmenssteuerreform III noch ausgearbeitet wird, hat die Unternehmenssteuerreform II bereits handfeste Auswirkungen. Die nur noch teilweise Besteuerung von Dividenden führt einerseits zu direkten Steuerausfällen. Der Bund rechnete bei der Einführung der Teilbesteuerung mit kurzfristigen Einbussen von gut 50 Millionen Franken.
Nun könnte das neue Regime insbesondere bei hohen Einkommen aber auch zu einer Verhaltensänderung geführt haben: Statt voll besteuertes Einkommen könnten Entschädigungen vermehrt in nur teilweise besteuerten Dividenden ausgerichtet worden sein. Zudem hat möglicherweise eine Verschiebung des Steuersubstrats von Personenunternehmen hin zu Aktiengesellschaften stattgefunden. In dem Bericht ist in dem Zusammenhang jedoch von «anekdotischer Evidenz» die Rede.
Unterschiedliche Schätzungen
Auch das 2011 im Rahmen der Unternehmenssteuerreform II eingeführte Kapitaleinlageprinzip dürfte Ausfälle zur Folge haben. Der Bericht liefert jedoch keine neuen Anhaltspunkte über deren Höhe. Die Rede ist von jährlich 80 Millionen Franken, die der Bundeskasse wegen steuerfreier Kapitalrückzahlungen entgehen.
Die Eidg. Steuerverwaltung geht von Ausfällen zwischen 400 und 600 Millionen Franken bei Bund und Kantonen aus, der Gewerkschaftsbund rechnet mit über einer Milliarde Franken allein bei börsenkotierten Unternehmen. Gemäss jenen Kantonen, die die Ausfälle beziffern können, wurden die Mindereinnahmen durch das Kapitaleinlageprinzip «tendenziell unterschätzt», wie es in dem Bericht heisst.
Die Unternehmen haben inzwischen Ausschüttungsreserven von nahezu 1000 Milliarden Franken angehäuft. Ob diese tatsächlich ausgeschüttet werden, bleibt den Unternehmen überlassen. Auch diese Unsicherheit dürfte bei den falschen Prognosen des Bundes eine Rolle gespielt haben.
Einnahmen stagnieren
Die Einnahmen aus der direkten Bundessteuer hätten 2014 auf dem Niveau des Jahres 2009 abgeschlossen, schreibt das EFD. Im Rückblick zeige sich damit, dass die Einnahmen seit fünf Jahren stagnierten. Eine umfassende Ursachenanalyse sei aufgrund der verfügbaren Daten aber nicht möglich.
Aufschluss erhofft sich der Bund von den Antworten aus einer laufenden Befragung der Kantone. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass auch die Ausfälle durch die Reform der Familienbesteuerung unterschätzt wurden.
Der Bund schrieb 2014 zum ersten Mal seit fast zehn Jahren wieder rote Zahlen. Die im Februar präsentierte Rechnung wies ein Minus von 124 Millionen Franken aus an Stelle des budgetierten Überschusses von 121 Millionen Franken. Vor allem die tieferen Einnahmen aus der Bundessteuer nannte der Bundesrat als Grund für den Rückschlag. Nun will der Bundesrat die Ausgaben drastisch zurückfahren.