Anders als bei der letzten Heim-WM in Lahti gehören Finnlands Langläufer diesmal nicht zu den ganz grossen Favoriten. Vor 16 Jahren endeten die Titelkämpfe für die Gastgeber mit einem Albtraum.
Erst ein, dann zwei, schliesslich sechs: Ein finnischer Langlauf-Star nach dem anderen wurde während der WM 2001 in Lahti des Dopings überführt. Die Stadt am Vesijärvi-See steht seither für den grössten Dopingskandal in der Geschichte dieses Sports. Die Wintersportnation Finnland verlor Medaillen, besonders aber ihren guten Ruf. «Am 28. Februar 2001 starb der finnische Langlauf», titelte die Tageszeitung «Iltalehti». Und die damalige finnische Staatspräsidentin Tarja Halonen meinte vielsagend: «Es ist im Moment nicht leicht, Finne zu sein.»
Schock nach dem Triumph
Als am dritten Wettkampftag der positive Dopingtest von Jari Isometsä, Silbermedaillen-Gewinner über 15 km, bekannt wurde, durfte man blauäugig noch daran glauben, es sei dies ein Einzelfall. In der zweiten Wettkampfwoche trat allerdings die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA auf den Plan und testete unter anderen 17 finnische Langläufer. Tags zuvor hatten die Gastgeber die wichtigste WM-Goldmedaille in ihren Besitz gebracht. Erstmals seit 25 Jahren triumphierte Finnland an Titelkämpfen im Staffelrennen der Männer – vor den Erzrivalen Norwegen und Schweden. Drei Tage später wich die Freude der finnischen Sportfans jedoch blankem Entsetzen. Mit Janne Immonen wurde ein zweiter Finne des Dopingmissbrauchs überführt. Er verwendete den gleichen Blutplasma-Expander (HES), der zuvor bereits Isometsä zum Verhängnis geworden war. Die Substanz wurde zur Verschleierung von EPO-Doping verwendet.
Doch damit längst nicht genug: Kurz nach der WM wurde bekannt, dass die Proben von vier weiteren finnischen Athleten bei den von der WADA vorgenommenen Tests positiv waren. Unter anderen wurden mit Harri Kirvesniemi und Mika Myllylä zwei andere Mitglieder des Staffel-Teams überführt. Der 2011 verstorbene Myllylä galt zu jener Zeit als Superstar unter den Langläufern. Zwei Jahre zuvor hatte er dreimal WM-Gold errungen.
Die weiteren positiven-Proben betrafen Milla Jauho, weshalb Finnlands Frauen nachträglich Staffel-Silber verloren, und Virpi Kuitunen. Der damalige finnische Cheftrainer Kari-Pekka Kyrö gab nach den Heim-Titelkämpfen zu: «Wir standen unter grossem Druck und haben versucht, Erfolge mit falschen Methoden zu erzielen.»
Neue Generation weckt Hoffnungen
In Finnlands Skiverband blieb – nicht zuletzt auch auf Druck der Politik – nach der Heim-WM 2001 kein Stein auf dem anderen. Er räumte auf allen Ebenen rigoros auf und zahlte für den Dopingskandal einen sehr hohen Preis. Sponsoren zogen sich zurück, Zuschüsse seitens der Regierung wurden gestrichen. Ein Prozess der Gesundschrumpfung setzte ein, der den finnischen Langlauf rund zehn Jahre gekostet haben dürfte. Der Weg zurück war lang und steinig, das verlorene Vertrauen und der Goodwill der Bevölkerung mussten erst mühsam wieder erarbeitet werden.
An den letzten drei Weltmeisterschaften der Neunzigerjahre errang Finnland im Männer-Langlauf elf Medaillen (viermal Gold). Seit den Titelkämpfen in Lahti 2001 gingen nur 4 von 126 WM-Podestplätzen an Langläufer aus Finnland. Von ihnen durfte sich lediglich Matti Heikkinen Gold umhängen lassen – vor sechs Jahren in Oslo über 15 km. Der mittlerweile 33-jährige zweifache Familienvater ist auch in den kommenden Tagen in Lahti Finnlands grösster Langlauf-Trumpf bei den Männern. Fünfmal stand er in diesem Winter im Weltcup auf dem Podest, in der Gesamtwertung ist er Dritter. Im 15-km-Rennen in einer Woche könnte seine grosse Stunde schlagen. Mit dem acht Jahre jüngeren Iivo Niskanen zählt ein Teamkollege dann ebenfalls zu den Medaillenanwärtern.
Zu Finnlands neuer Langlauf-Generation, die 16 Jahre nach dem grössten Skandal der heimischen Sportgeschichte mit neuem Selbstverständnis die Begeisterung der Landsleute für den Langlauf allmählich wieder entfacht, zählt auch Krista Pärmäkoski. Finnlands Frauen haben in dieser Weltcup-Saison bislang zehn Podestplätze in Einzelrennen herausgelaufen – so viele wie seit sieben Jahren nicht mehr. Eine Einzelmedaille an einem Grossanlass fehlt Pärmäkoski noch. Doch die Chancen sind intakt, dass die 26-Jährige entscheidend dazu beitragen kann, dass unter völlig neuen Strukturen auf das dunkelste finnische Kapitel bei Heim-Weltmeisterschaften ein Erfolgsmärchen folgt.