Bei Firewatch sind die Dialoge so gut wie das Design.
Worum es geht
Nach den verheerenden Waldbränden im Yellowstone Nationalpark 1988 gilt allerhöchste Gefahrenstufe in den amerikanischen Wäldern. Feuerwachtürme werden permanent besetzt, damit schnellstmöglich reagiert werden kann, falls ein Feuer ausbricht. Die Situation ist angespannt.
In Firewatch übernimmt man einen solchen Wachposten in der Haut von Henry. Henry ist verheiratet, doch seine Frau leidet unter Alzheimer im Endstadium. Sein Job als Feuerwächter ist die Flucht aus einem von traurigen Momenten geprägten Alltag.
Walkie-Talkies sind das einzige Kommunikationsmittel zwischen den Wachposten. Henrys Kontaktperson heisst Delilah. Sie erteilt ihm Aufträge, und bald entwickelt sich eine über berufliche Themen hinausgehende «Funk-Beziehung». Henry findet Gefallen am verbalen Schlagabtausch mit Delilah, das Leben als Feuerwächter behagt ihm. Doch schon bald geschehen seltsame Dinge und in Henry wird der Detektivinstinkt geweckt…
Warum man Firewatch spielen muss
In einer von Sequels und Franchises geprägten Industrie sind Spiele wie Firewatch eine höchst willkommene Abwechslung. Das von einem kleinen Studio namens Campo Santo entwickelte Spiel beweist eindrücklich, dass Spiele weit über Unterhaltung hinausgehen und durchaus als Kunst verstanden werden können.
Schon auf den ersten Blick zeigt Firewatch, dass hier ein Designkünstler am Werk ist. Vom Logo bis zu den Menus: elegant, passend. Olly Moss heisst der verantwortliche Designer und ist vor allem für seine Neuinterpretationen bekannter Filmposter berühmt. Allein die fiktiven Firewatch-Werbeplakate möchte man sich in Grossformat an die Wand hängen.
Auch die Spielwelt selbst trägt seine Handschrift. Im ersten Moment ist man ob der innovativen Kombination von stilisierter und fotorealistischer Grafik irritiert. Doch sobald man die ersten Hügel erklommen und das erste atemberaubende Panorama genossen hat, weicht die Irritation grosser Begeisterung. Das Spiel sieht grossartig aus und läuft höchst flüssig.
Wer nun befürchtet, Firewatch sei blosse Augenwischerei und bestätige das Cliché «style over substance», sei beruhigt: Die Dialoge sind so gut wie das Design. Der verbale Schlagabtausch zwischen Henry und Delilah ist so humorvoll wie realistisch, und man ist versucht, ihr so gut wie jedes Detail per Funk mitzuteilen, um in den Genuss einer weiteren amüsanten zynischen Bemerkung zu kommen.
Weil die Charaktere von Henry und Delilah höchst präzise gezeichnet sind, ist die Immersion des Spielers weit grösser als bei anderen Spielen. Man fühlt sich für Henry verantwortlich, geniesst die Dialoge mit Delilah, ist aber stets etwas misstrauisch, denn man wird den Gedanken nie los, dass sie einem Dinge verheimlicht.
Was weniger gefällt
Grafisch ist Firewatch grossartig, die Dialoge sind es ebenfalls. Wo es allerdings etwas hapert, ist bei der Geschichte. Sind die Wendungen zu Beginn höchst mysteriös und wecken grosse Erwartungen, so stellt sich gerade gegen Ende doch etwas Enttäuschung ein. Die Macher spielen zu sehr mit den Erwartungen des Spielers und wecken eine immense Neugierde, die sie zuletzt aber nicht wirklich befriedigen können. Hier hätte man mehr herausholen können.
Warum sich Firewatch lohnt
Das Preis-/ Leistungsverhältnis ist unschlagbar. Für sehr wenig Geld erhält man hier ein kleines Kunstwerk, das trotz einiger Schwächen toll unterhält und mit einer Spieldauer von etwa fünf bis sechs Stunden prima geeignet ist, einen verregneten Tag zu einem virtuellen Outdoor-Abenteuer werden zu lassen.
Titel: Firewatch
Plattform: PC/MAC, PS4
Pegi: ab 16 Jahren
Spieler: 1
Preis: circa 20 Franken