Fleisch für Lidl-Tortelloni möglicherweise aus der Schweiz

Der Pferdefleisch-Skandal hält Europa weiterhin in Atem. Neueste Hinweise deuten nun darauf hin, dass auch Unternehmen im Fürstentum Liechtenstein und in der Schweiz betroffen sein könnten.

Lidl verkaufte die Tortelloni in Deutschland und Österreich (Bild: sda)

Der Pferdefleisch-Skandal hält Europa weiterhin in Atem. Neueste Hinweise deuten nun darauf hin, dass auch Unternehmen im Fürstentum Liechtenstein und in der Schweiz betroffen sein könnten.

Entgegen den bisherigen Beteuerungen ist nämlich offenbar auch der grösste Schweizer Fleischverarbeiter Bell in den Pferdefleisch-Skandal involviert. Die Spur führt zur Liechtensteiner Hilcona und möglicherweise ins st. gallische Gossau.

Von der dort ansässigen Suttero oder aber vom deutschen Hersteller Vossko aus Ostbevern stammen die Fleischlieferungen für Tortelloni, in welchen Pferdefleisch festgestellt wurde, wie das Unternehmen Hilcona auf seiner Webseite schreibt. Hilcona gehört knapp zur Hälfte dem Schweizer Fleischverarbeiter Bell, der seinerseits mehrheitlich im Besitz von Coop ist.

Tortelloni in Schaan hergestellt

Nach Angaben des deutschen Discounters Lidl wurde das Fleisch von Hilcona in Schaan im Fürstentum Liechtenstein zu „Combino Tortelloni Rindfleisch“ verarbeitet. Lidl verkauft die Tortelloni unter Hilconas Handelsmarke Gusto in Deutschland und Österreich.

Nachdem die österreichischen Gesundheitsbehörden in den Tortelloni Pferdefleisch nachgewiesen hatten, nahm der Lidl die Teigwaren umgehend aus den Regalen. Auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda versicherte Hilcona am Samstag, dass das Produkt in der Schweiz nicht erhältlich ist. Der Fleischwarenhersteller Suttero war für eine Stellungnahme vorerst nicht erreichbar.

Noch an der Bilanzmedienkonferenz vom Freitag hatte Bell-Chef Lorenz Wyss zugesichert, weder Bell noch Hilcona seien vom Pferdefleisch-Skandal betroffen. Coop musste vor wenigen Tagen wegen falsch deklariertem Fleisch eine Fertiglasagne zurückziehen.

Nicht betroffen vom Pferdefleisch-Skandal ist offenbar die Migros. Für die Schweiz gaben die Kantonschemiker am Freitag Entwarnung: Sie hatten in umfangreichen Tests keine weiteren Fertigprodukte mit nicht deklariertem Pferdefleisch gefunden.

Grossbritannien setzt Pferdefleisch-Razzien fort

In Grossbritannien gingen die Untersuchungen im Pferdefleischskandal am Samstag unvermindert weiter. Wie die Polizei mitteilte, wurden bei Razzien in drei Fleisch verarbeitenden Betrieben in London und in Hull in Nordost-England umfangreiches Probematerial und Computerunterlagen beschlagnahmt.

Bisher sind unter 2500 getesteten Produkten in Grossbritannien lediglich in 29 Fällen Pferdefleischspuren gefunden worden. Getestet wird das Fleisch auch auf Spuren von Medikamenten, nachdem britsches Pferdefleisch mit Phenylbutazon nach Frankreich gelangt war.

Zum Schutz seiner Konsumenten will Frankreich nun rasch eine freiwillige Kennzeichnung von Fleisch erreichen. Darüber werde in der kommenden Woche mit französischen Fleischverarbeitern verhandelt, sagte Landwirtschaftsminister Stéphane Le Foll der Zeitung „20 Minutes“.

Für den Landwirtschaftsminister gibt es noch zusätzlichen Handlungsbedarf. So brauchten Unternehmen, die Fleisch nicht verarbeiten, bisher keine entsprechende Zulassung. Damit sei Handel in einem Lebensmittelbereich ohne besondere Kontrollen möglich.

72 Tonnen nach Deutschland geliefert

In Frankreich ist das Unternehmen Spanghero schwer belastet. Es soll für falsch deklarierte Lieferungen verantwortlich sein. Das Unternehmen weist das zurück. Nach Ermittlungen hat Spanghero aber wissentlich solches Fleisch etwa an den Hersteller Comigel verkauft. Dort wurde es verarbeitet und auch nach Deutschland geliefert.

Insgesamt soll Comigel rund 4,5 Millionen Fertiggerichte mit falsch deklariertem Fleisch von Spanghero hergestellt haben, die an mindestens 28 Unternehmen in 13 europäischen Ländern verkauft wurden. Nach Deutschland etwa wurden nach neuesten EU-Informationen 179’000 Packungen der verdächtigen Lasagne geliefert. Das entspricht rund 72 Tonnen.

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