Schweizer Bauern haben letztes Jahr im Rahmen eines Pilotprojekts 13 Flüchtlinge beschäftigt. Bauernverband und Bund wollen daraus Erkenntnisse gewinnen, um das inländische Potenzial an Arbeitskräften langfristig besser zu nutzen. Ob dies gelingt, bleibt zweifelhaft.
Es gehe nicht um ein Beschäftigungsprogramm für Asylsuchende, erklärte Mario Gattiker, Staatssekretär für Migration (SEM), am Mittwoch vor den Medien in Bern. Mit maximal 15 Teilnehmern pro Jahr sei das Projekt bewusst klein gehalten.
Stattdessen soll es Antworten liefern, damit anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene möglichst rasch in der Arbeitswelt Fuss fassen können. Die Beteiligten erhoffen sich auch eine Breitenwirkung. Bereits heute haben fünf Kantone mit kantonalen Bauernverbände ähnliche Projekte entwickelt.
Kritik von Sommaruga
Vor einem Jahr klang das noch etwas anders: Nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative müsse auch die Landwirtschaft ihren Beitrag leisten, sagte Gattiker beim Projektstart. Er verwies dabei auf die rund 30’000 ausländischen Arbeitskräfte, die während der Ernte- und Vegetationszeit auf Betrieben arbeiten. Gleichzeitig gebe es mehrere tausend anerkannte Flüchtlinge im Erwerbsalter, die keine Stelle finden.
Kritik übte auch Gattikers oberste Chefin, Justizministerin Simonetta Sommaruga: Die Wirtschaft rekrutiere jedes Jahr Zehntausende Arbeitskräfte im Ausland, obwohl hierzulande Tausende erwerbsfähige Flüchtlinge Sozialhilfe bezögen. «Da stimmt etwas nicht!», sagte Sommaruga am Asylsymposium Anfang Jahr.
Mindestlohn von 3200 Franken
Die Beteiligten zogen am Dienstag dennoch ein positives Fazit: Die Flüchtlinge schätzten, dass sie ihre Sprach- und Fachkenntnisse verbessern könnten, sagte der Direktor des Schweizer Bauernverbandes, Jacques Bourgeois. Die Bauern wiederum hätten oft die Art gelobt, wie sich die Flüchtlinge in die Teams und die Familien integrierten.
Die Flüchtlinge, die sich am Pilotprojekt der Landwirtschaft beteiligen, werden nach bestimmten Kriterien ausgewählt. Sie erhalten im ersten Monat einen Lohn von 2300 Franken brutto, danach den Mindestlohn gemäss Normalarbeitsvertrag; in den meisten Kantonen beträgt dieser 3200 Franken. Die Einsätze dauern zwischen drei Monaten und einem Jahr.
Ganz reibungslos verlief der Start des Prestigeprojekt jedoch nicht: Alle Beteiligten seien mit Herausforderungen konfrontiert gewesen. In drei Fällen musste laut Bourgeois das Arbeitsverhältnis frühzeitig abgebrochen werden. Nicht jeder sei für die harte Arbeit geeignet.
Schwierigkeiten gab es aber auch auf Arbeitgeberseite. Letztes Jahr sei es schwierig gewesen, genug Betriebe zu finden, räumte Gattiker ein. Ein Grund sei der komplexe Ablauf. So sucht der Bauernverband landesweit nach Betrieben und leitet sie an das SEM weiter. Dieser gibt die Anmeldungen an die Kantone weiter, welche die Organisationen kontaktieren, die dann die Flüchtlinge suchen.
Projekt bis 2018
Der Bauernverband und der Bund haben entschieden, das Pilotprojekt bis 2018 weiterzuführen. Die Nachfrage ist offenbar auch 2016 da: Seit Anfang Jahr gingen beim Bauernverband Anmeldungen für insgesamt 17 Arbeitsplätze ein. Zehn Flüchtlinge sind bereits im Einsatz, zwei weitere nehmen die Arbeit im Spätsommer auf.
SEM-Chef Gattiker erklärte, dass langfristig hunderte Flüchtlinge in der Landwirtschaft beschäftigt werden sollten. Allerdings sei es unseriös, schon heute eine genaue Zahl zu nennen. Mit dem Projekt soll auch die Sozialhilfe entlastet werden. Zur Höhe der Einsparungen und ob die Anreize dafür ausreichen, konnten die Beteiligten aber keine nähere Auskunft geben.