Nach der Rückführung der ersten Migranten aus Griechenland in die Türkei stellen Flüchtlinge auf Lesbos nun offenbar massenhaft Asylanträge, um ihre Abschiebung hinauszuzögern.
Das sagte am Montag die Chefin der für Migration zuständigen Abteilung der griechischen Polizei, Zacharoula Tsirigoti. Von nun an gelte es, Asylanträge zu bearbeiten, bevor weitere Flüchtlinge in die Türkei zurückgeschickt werden könnten.
Aus Kreisen der europäischen Grenzschutzagentur Frontex auf Lesbos hiess es, wegen der Antragsflut sei es nun umso wichtiger, dass zügig Asylexperten aus anderen europäischen Ländern nach Griechenland entsandt würden.
Auch die Sprecherin des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Melissa Fleming, mahnte, jeder Einzelne müsse angehört werden und die Chance bekommen, einen Asylantrag zu stellen, sonst dürfe er nicht zurück in die Türkei gebracht werden. Es mangle aber «dramatisch» an Personal, um die Fälle zu bearbeiten.
Transporte am Montag begonnen
Am Montagmorgen waren auf der Grundlage des Flüchtlingspakts der EU mit der Türkei die ersten 202 Menschen von den griechischen Inseln Lesbos und Chios zurück in die Türkei geschickt worden. Kurze Zeit später kamen sie in im Hafen des westtürkischen Küstenortes Dikili an. Dort entrollten einige Demonstranten ein Transparent mit der Aufschrift «Stoppt Abschiebungen».
Nach griechischen Angaben handelte es sich fast ausschliesslich um Migranten aus Pakistan und nordafrikanischen Staaten, die keinen Anspruch auf Asyl hätten. Lediglich zwei Syrer seien darunter gewesen; sie hätten sich freiwillig gemeldet, weil sie aus familiären Gründen zurück nach Syrien wollten.
In Hannover kamen zudem die ersten Flüchtlinge an. Die 16 Syrer trafen am Morgen per Flugzeug aus Istanbul ein, wie ein Vertreter des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) mitteilte. Zudem wurde eine weitere Gruppe von 16 Syrern erwartet.
Teil des EU-Türkei-Deals
Die Rückführungen und Umsiedlungen sind Teil eines Abkommens der EU und der Türkei, das heute in Kraft getreten ist. Demnach sollen alle nach dem 20. März in Griechenland eingetroffenen Flüchtlinge in die Türkei abgeschoben werden, die kein Asyl in Griechenland beantragen oder deren Anträge abgelehnt wurden.
Im Gegenzug für jeden zurückgeschickten Syrer will die EU einen anderen syrischen Flüchtling aus der Türkei auf legalem Weg aufnehmen – bis zu einer Obergrenze von 72’000.
Die Vereinbarung mit der Türkei ist umstritten. Kritiker werfen der EU und der deutschen Bundesregierung vor, sich zu sehr vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan abhängig zu machen, dem ein zunehmend autokratischer Regierungsstil vorgeworfen wird.