Was wurde in der Flüchtlingskrise bisher erreicht? Die EU-Innenminister ziehen am Donnerstag dazu Bilanz und loten aus, wo es weiteren Handlungsbedarf gibt. Bundesrätin Simonetta Sommaruga kritisierte vor dem Treffen die schleppende Umsetzung gewisser Massnahmen.
«Es gab in den letzten Monaten gute und wichtige Vorschläge von Seiten der EU-Kommission, um auf diese Flüchtlingskrise auch wirklich europäische Antworten zu geben», sagte Sommaruga in Luxemburg.
Da die Schweiz ein an Schengen/Dublin assoziiertes Mitglied ist, nimmt Sommaruga am Treffen der EU-Minister teil. Mit dem Dublin-Abkommen beteiligt sich die Schweiz teilweise am EU-Asylsystem. Mit Schengen wurden die Grenzkontrollen zwischen den meisten EU-Staaten und der Schweiz aufgehoben.
Positiv sind laut Sommaruga etwa die «Vorschläge für die Stärkung des Dublin-Systems, für gemeinsame Standards bei Asylverfahren, Anerkennung, Unterbringung, Rückführung». Hier steht aber noch viel Arbeit an.
Positives Beispiel ist auch die Einführung der verstärkten EU-Behörde für Grenz- und Küstenschutz. Dieser wurde in Rekordzeit gutgeheissen und umgesetzt. Die Behörde hatte Anfang Oktober ihre Arbeit aufgenommen.
Das gleiche gilt für die verbesserte Nutzung von Datenbanken und die verstärkte Kontrolle bei der Ein- und Ausreise nach Europa. Die Minister liessen sich am Treffen über die Fortschritte informieren. Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve forderte vor den Medien, dass nicht nur Drittstaatenangehörige sondern auch EU-Bürger systematisch an der EU-Aussengrenze bei der ein- und Ausreise kontrolliert werden.
Mehr Solidarität verlangt
Sommaruga übte jedoch auch Kritik. Es hapere bei der Umsetzung der beschlossenen Massnahmen. «Die Schweiz hat sich immer solidarisch eingebracht, aber wir erwarten hier, dass alle Mitgliedstaaten jetzt wirklich bei dieser Umsetzung dabei sind.»
Dabei zielte sie vor allem auf das von der EU beschlossene Umsiedlungsprogramm von Flüchtlingen. Denn dieses geht nur harzig voran. Mehrere Staaten übernehmen keine Flüchtlinge, Ungarn und die Slowakei haben gar vor dem EU-Gerichtshof gegen die Umverteilung geklagt.
Gemäss der Bundesrätin hat Italien aber inzwischen bei der Einrichtung der Hotspots «wirklich vorwärts gemacht». Dies gelte auch für Griechenland, aber hier dauerten «die Verfahren einfach noch sehr lange».
«Wir haben immer verlangt, dass Italien die Hausaufgaben macht», so Sommaruga. Jetzt müssten die anderen Staaten ihre Versprechen bei der Umsiedlung von Flüchtlingen einhalten. Dies gelte auch für die Schweiz.
Die Schweiz hatte zugesagt, 1500 Flüchtlinge freiwillig aus Italien und Griechenland zu übernehmen. Bis anhin sind 112 Asylsuchende aus dem südlichen Nachbarn übernommen worden. Gemäss Sommaruga will die Schweiz ausserdem mehr Experten in die Hotspots schicken, um die Behörden vor Ort zu unterstützen.
Am Rande des Treffens führte Sommaruga zudem ein bilaterales Gespräch mit dem deutschen Innenminister Thomas de Maizière. Beide nahmen von einem neu ausgearbeiteten Aktionsplan zu Kenntnis, die gemeinsame operative Zusammenarbeit zu verstärken. Dabei geht es vor allem darum, die irreguläre Weiterwanderung von Migranten und Flüchtlingen zu verhindern.