Hunderte von Flüchtlingen haben am Montag in Budapest die Züge Richtung Westen bestiegen. Ihr erstes Ziel ist Deutschland. An der Grenze zur Schweiz blieb der erwartete Ansturm aus. Am Dienstag kamen nur wenige Flüchtlinge mit dem Zug in Buchs SG an.
Am Montagabend und in der Nacht zum Dienstag sind hunderte Flüchtlinge mit Zügen aus Ungarn und Österreich in Deutschland angekommen. Die ungarische Polizei hatte am grössten Budapester Bahnhof aufgehört, Flüchtlinge an der Weiterreise Richtung Westen zu hindern.
Sie hätten sich auf viele Flüchtlingen eingerichtet, sagt Markus Kobler, Kommandant der Grenzwachtregion III, am Dienstagmorgen auf dem Bahnhof Buchs. «Wir kontrollieren nicht nur in den Zügen, sondern auch auf dem Gelände», sagt er. In der Nacht auf Dienstag seien 13 Flüchtlinge aufgegriffen worden.
Migration von Ost nach West in internationalen Zügen gebe es schon seit Jahren, seit Juni 2015 stelle man aber einen starken Anstieg fest. Pro Woche kämen derzeit 100 bis 200 Flüchtlinge auf diesem Weg, hauptsächlich in zwei Frühzügen am Morgen.
Erster Halt in der Schweiz
Am Dienstagmorgen verspäteten sich die beiden Frühzüge. Kurz nach 8 Uhr fuhr der erste Zug aus Graz (A) in Buchs ein. Die Polizei griff darin vier Personen auf – drei Männer und einen Jungen. «Sie stammen vermutlich aus Syrien», sagt Polizeisprecher Hanspeter Krüsi auf Anfrage.
Im zweiten Zug, dem «Wiener Walzer» aus Budapest, griff die Polizei sechs Flüchtlinge aus Syrien und Bangladesch auf. Der Zug war in Salzburg geteilt worden. Dort sei der Zug mehrere Stunden aufgehalten worden, sagte ein Zugbegleiter. «Es waren mindestens 1000 Flüchtlingen auf dem Bahnhof», sagt er. Wie viele Flüchtlinge im Zug mitgereist seien, wisse er nicht.
Vom Bahnhof Buchs werden die Flüchtlinge zur Polizeistation gebracht. Dort werden sei nach ihren Dokumenten befragt. Die Polizei nimmt die Daumenabdrücke der Männer und kontrolliert, ob sie schon einmal in der Schweiz registriert worden sind. «Die Männer sind müde und erschöpft», sagt Krüsi.
Müde und erschöpft
Ein Polizist reicht einem Mann einen Krug mit Wasser. Er stamme aus Bangladesh und wolle zu Freunden nach Paris, erklärt dieser. Aus einem Bündel Papieren kramt er diverse Zugtickets. Er zeigt auf das Foto eines Kindes, das er im Portemonnaie mit sich trägt. Wie lange er schon unterwegs sei, wisse er nicht mehr. Die anderen Männer haben er erst im Zug getroffen.
«Die meisten beantragen Asyl in der Schweiz», so Krüsi. Von Buchs werden die Männer ins Empfangs- und Verfahrenszentrum Altstätten SG gebracht. Dort beginnt das Asylverfahren mit der erkennungsdienstlichen Überprüfung, Registrierung und einer ersten kurzen Befragung zu den Asylgründen.
«Ein normaler Tag»
Knapp zwei Stunden später: Die Passagiere des zweiten Teils des «Wiener Walzers» sind in Feldkirch auf einen regulären Zug der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) umgeladen worden. Weshalb wisse er nicht, sagt Krüsi. Um 12.11 Uhr erreichte der Zug den Bahnhof Buchs.
Zwei Männer halten Plakate in die Höhe: «Refugees are welcome here». «Wir wollen ein Zeichen setzen», sagen die jungen Liechtensteiner, die von den Medien aufgeschreckt über die Grenze nach Buchs gekommen sind. Ein paar junge Frauen versorgen die Flüchtlinge mit Wasser und Früchten.
Eine vierköpfige Familie und ein allein reisender Mann steigen aus dem Zug. Die junge Frau trägt ein Baby auf dem Arm. Auf die Frage wie alt es sei, streckte sie drei Finger in die Höhe. Drei Monate. Sie nickt mit dem Kopf. Und das andere Kind, das schlafend in den Armen des Vaters liegt, sei ein Jahr alt.
Von Kobane in Syrien seien sie zuerst in die Türkei gereist, sagt die völlig entkräftete Frau. Ausser einer Plastiktüte hat sie nichts bei sich. Die Familie werde in Altstätten von einem Arzt untersucht, so Krüsi. Ansonsten gelte das gleiche Verfahren wie für alle Flüchtlinge.
«Es war ein normaler Tag auf dem Bahnhof Buchs», zieht Krüsi Bilanz. Alle zwei Stunden komme zwar noch ein Zug aus Österreich in Buchs an. Auch dann könnten weitere Flüchtlinge versuchen, in die Schweiz zu gelangen. Doch die meisten wollten zurzeit nach Deutschland.