Neue Flüchtlingstragödie in der Ägäis: Beim Kentern eines Bootes vor der Insel Lesbos ist ein fünfjähriges Kind ertrunken. Zwölf Migranten konnten aus den Fluten gerettet werden.
Wie ein Sprecher der Küstenwache am Samstag weiter mitteile, wurden 13 Menschen vermisst. Täglich kämen rund 3000 neue Migranten von der türkischen Küste auf den griechischen Inseln im Osten der Ägäis an, sagte der für Handelsschifffahrt zuständige Vize-Minister Christos Zois am Samstag dem griechischen Fernsehsender Mega.
Südwestlich der Halbinsel Peloponnes entdeckte die Küstenwache ein Boot mit rund 200 Flüchtlingen an Bord. Die Menschen hatten ein Notsignal gesendet, ihr Boot sei manövrierunfähig. Die Ägäis ist eine der Routen, über die Tausende Flüchtlinge nach Europa kommen. Immer wieder kommt es zu Unglücken. Erst vergangenen Sonntag waren 34 Migranten vor der Kleininsel Farmakonisi ums Leben gekommen.
Mehr Geld gefordert
Während Tausende Flüchtlinge auf der Balkanroute Richtung Mitteleuropa ziehen, mehren sich die Rufe nach internationaler Unterstützung. Deutschland und Österreich fordern mehr Geld zur Versorgung syrischer Flüchtlinge im Nahen Osten. Damit sollen sie von der Weiterreise in den Westen abgehalten werden.
Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann und der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel bezifferten die notwendige Summe am Samstag auf fünf Milliarden Euro.
Wenn die Europäische Union jetzt nicht Geld in die Hand nehme, «dann werden sich noch mehr Menschen auf den Weg machen», sagte Gabriel an einem Treffen führender europäischer Sozialdemokraten in Wien. Die USA und Saudi-Arabien sollten sich an dem Programm beteiligen, darin stimme er mit Faymann überein.
US-Aussenminister John Kerry nannte die Situation der Flüchtlinge in Europa eine «humanitäre Katastrophe». Die Aufnahme von 10’000 syrischen Flüchtlingen in den USA sei nicht genug, sagte er dem britischen Sender Channel 4.
Legale Zuwanderung mit Kontingenten
Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière will mit einem neuen europäischen Asylrecht die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland begrenzen. «Wir können uns in Europa nicht abschotten. Wir können aber auch nicht alle Menschen aus Krisengebieten und alle Armutsflüchtlinge, die nach Europa und nach Deutschland möchten, aufnehmen», sagte der CDU-Politiker dem Magazin «Der Spiegel».
Gebraucht würden feste, grosszügige Flüchtlingskontingente in der Europäischen Union für eine legale Zuwanderung – wenn diese aber ausgeschöpft seien, sollten politisch Verfolgte in ihre Heimatregionen zurückgeschickt werden. Dort müsse ihnen dann geholfen werden, sagte de Maizière.
Ungarn mobilisiert Reservisten der Armee
Ungarn mobilisiert derweil freiwillige Reservisten der Armee, um in der Flüchtlingskrise die im Einsatz stehenden Kräfte zu verstärken. Verteidigungsminister Istvan Simicsko traf die Entscheidung auf Bitten des Generalstabschefs.
Die Reservisten würden vor allem in den Kasernen Soldaten ersetzen, die zur Sicherung der Grenzen abkommandiert worden seien. Sie könnten aber auch für andere Aufgaben eingesetzt werden, meldete die amtliche Nachrichtenagentur MTI am Samstag.
Ungarn streitet sich derzeit mit seinen südlichen Nachbarn Serbien und Kroatien über den Umgang mit Zehntausenden Flüchtlingen, die auf dem Weg nach Westeuropa sind. Immer mehr Staaten blocken die Hilfesuchenden ab.
Ungarn kündigte an, auch an der Grenze zu Kroatien einen Zaun zu errichten. Kroatien schloss weitgehend seine Grenzen zu Serbien. Slowenien stoppte den Zugverkehr von und nach Kroatien.
Kroatien brachte am Freitag und in der Nacht zum Samstag Tausende Flüchtlinge zu ungarischen Grenzübergängen. Nach Angaben der Polizei vom Samstag trafen am Vortag 7852 Migranten in Ungarn ein, die meisten von ihnen aus Kroatien.