Sensationeller Fund in den USA: Die einzige bekannte Tonaufnahme von Otto von Bismarck ist in New York aufgetaucht. Das stark verrauschte Dokument, aufgenommen vor 123 Jahren in Friedrichsruh bei Hamburg, lag im Edison-Archiv in New Jersey bei New York.
Seit Dienstag ist sie auf der Internetseite des Archivs zu hören. Forscher sind begeistert – sowohl von Bismarcks Stimme, als auch von dem, was er vorträgt.
Der dienstälteste Kanzler der deutschen Geschichte hatte am 7. Oktober 1889 in den von dem Amerikaner Thomas Edison erfundenen Phonographen gesprochen.
Von dem Eisernen Kanzler ist kaum etwas zu verstehen. Das Rauschen der Walze ist stärker als die Stimme des Kanzlers. Aber dennoch wird deutlich: Die ihm nachgesagte Fistelstimme scheint der Preusse nicht gehabt zu haben.
Bismarck singt Marseillaise
Der 74-Jährige spricht nicht etwa ein paar salbungsvolle Sätze in den Apparat. Stattdessen singt Bismarck, der nach drei Kriegen Deutschland geeint hatte, ein amerikanisches Lied in den Phonographen. Es folgen ein paar Zeilen aus „Als Kaiser Rotbart lobesam“ von Ludwig Uhland, bevor der ehemalige Burschenschaftler das Studentenlied „Gaudeamus igitur“ anstimmt.
Und dann folgt die eigentliche Überraschung: Bismarck singt die „Marseillaise“ – die Hymne Frankreichs, das 19 Jahre zuvor Deutschland den Krieg erklärt hatte und geschlagen worden war.
„Bismarck war ein sehr, sehr geistreicher Mann“, zitiert die „New York Times“ seinen Biografen Jonathan Steinberg. Ausgerechnet die Hymne Frankreichs zu zitieren „muss ihn selbst grossartig amüsiert haben“.
Der Sieg über Frankreich, ebenso wie die über Dänemark und Österreich zuvor, gilt als Werk von Helmut von Moltke. Auch von dem Mecklenburger in preussischen Diensten fanden sich Tonaufnahmen.
Moltke zitiert dabei aus Goethes „Faust“. Er ist besser zu verstehen als Bismarck – obwohl Moltke nur fünf Tage später 89 Jahre alt wurde. Laut Edison-Archiv ist Moltke der am frühesten geborene Mensch, von dem es eine Tonaufnahme gibt.