Schneemangel, leere Stauseen, Starkregen und Murgänge: In Bergregionen wie dem Rhonetal wird der Klimawandel den Wasserhaushalt durcheinanderbringen, prophezeit ein Report von über 100 Forschern.
Das europäische Forschungsprojekt ACQWA prophezeit den Bergregionen keinge guten Zeiten: Der Klimawandel werde zu Schneemangel, leeren Stauseen, Starkregen und Murgängen führen. Zu diesem Schluss kommt das Forschungsprojekt unter Genfer Leitung in ihrem Schlussreport, der am Mittwoch in Genf vorgestellt wurde.
Der Report fasst zusammen, wie sich die prognostizierte Erwärmung von zwei Grad bis 2050 auf Regenfälle, Schnee und Gletscher auswirken wird und welche Auswirkungen dies auf Stromproduktion, Landwirtschaft, Natur und Tourismus haben könnte. Das ACQWA-Projekt wurde von Professor Martin Beniston von der Universität Genf koordiniert.
Drastische Veränderungen im Rhonetal
Über 100 Forscher aus acht Ländern haben seit 2008 die Auswirkungen des Klimawandels auf mehrere Einzugsgebiete modelliert: Das Schweizer Rhonetal, die Po-Ebene, die Pyrenäen und zum Vergleich Regionen in den Anden und in Zentralasien. Berggebiete sind die Quelle für etwa zwei Drittel der weltweiten Süsswasser-Ressourcen.
Das Rhonetal muss sich auf drastische Veränderungen gefasst machen: Trockenere Sommer und nassere Winter, weniger Gletscherwasser, um Strom zu produzieren, Murgänge von nie dagewesener Grössenordnung wegen stärkerer Regenfälle. Es wird weniger Schnee geben und dieser wird früher schmelzen, was neben den Stromproduzenten die Wintersportorte betrifft. Dafür werden nördlich der Alpen mehr Niederschläge fallen – vor allem im Sommer.
Wassermangel und Hochwasser
Wegen grösseren Wasserbedarfs der Pflanzen werde die Landwirtschaft im Rhonetal mit Wassermangel zu kämpfen haben, heisst es im Report. Noch stärker wird die Po-Ebene betroffen sein: Die Abflussmengen könnten im Jahresdurchschnitt um die Hälfte sinken und Wasser vor allem im Sommer knapp werden.
In mittleren und hohen Lagen werden laut dem Report die Naturgefahren zunehmen: Extreme Starkregen werden bis Ende des 21. Jahrhunderts sowohl auf der Nord- wie der Südhalbkugel häufiger. In den Bergen selbst dürften sich Hochwasser und Murgänge «mit Intensitäten, die über historische Beobachtungen hinausgehen», mit dem Klimawandel häufen.
Streit um Ressourcen drohe
Ein abwechselndes Zuviel und Zuwenig an Wasser prognostizieren die Wissenschaftler demnach den Bergregionen für die Zukunft. Sehr wahrscheinlich werde in Zukunft um die Ressource gestritten – besonders im Rhonetal, wo die Wasserhoheit der Gemeinden langfristige Massnahmen blockieren könnte.
«Es fehlen hier Werkzeuge und Regeln, um die Konkurrenz über das Einzugsgebiet zu managen», erklärte Beniston in seinem Vortrag am Mittwoch am Sitz der Weltorganisation für Meteorologie in Genf. Der Report richtet sich indes nicht nur an lokale Behörden, sondern auch an die Europäische Kommission, die 2015 ihre Wasserdirektive überarbeiten muss.