Typische Alpenblumen drohen mit dem Klimawandel von Konkurrenten aus dem Flachland verdrängt zu werden. Um die Zukunft von Enzian und Edelweiss abschätzen zu können, haben Forschende zehn Tonnen Alpenrasen von 2100 auf 1400 Meter Höhe hinunter versetzt.
Bei der Aktion am Calanda bei Chur kam den Wissenschaftlern der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und der ETH Zürich ein Helikopter zur Hilfe. In 20 Flügen transportierte dieser insgesamt 80 je einen Quadratmeter grosse und 125 Kilogramm schwere Grasplatten samt Wurzeln.
Klima der Zukunft
Die Blumen finden sich nun in einem rund drei Grad wärmeren Klima wieder. So wie es ohne Massnahmen gegen den Treibhausgasausstoss für das Ende des 21. Jahrhunderts zu erwarten ist, wie die WSL am Freitag mitteilte. Die Alpenblumen werden dann nicht nur neuen Konkurrenten, sondern auch mehr pflanzenfressenden Insekten ausgesetzt sein.
Diese Konkurrenten verpflanzten die Forschenden ebenfalls in die umgelagerten Grasflächen. «Wir machen dies im Herbst, weil die Pflanzen in der Winterruhe weniger empfindlich auf Störungen reagieren», sagte Loïc Pellissier, Professor für Landschaftsökologie an der ETH Zürich und an der WSL gemäss der Mitteilung. Das Experiment, das im nächsten Frühling beginnt, soll zeigen, wie die Blumen auf diese veränderte Umgebung reagieren.
Harter Konkurrenzkampf
Aus früheren Untersuchungen lässt sich vermuten, dass auf die Gebirgspflänzchen eine schwere Zeit zukommt. Im Jahr 2012 haben Pellissiers Kollegen von der ETH schon einmal Grasplatten von 2000 und 2600 Metern Höhe auf 1400 Meter verpflanzt. Das Ergebnis: Neben der schneller wachsenden Konkurrenz aus dem Flachland gediehen die Alpenpflanzen schlecht. Den Grund dafür untersuchte dieses Experiment nicht.
Die neue Untersuchung hat gegenüber den früheren den Vorteil, dass sie die diversen Einflussfaktoren des Konkurrenzkampfes getrennt untersucht. Die Forschenden vermuten nämlich, dass die Tieflandpflanzen vor allem wegen der hilfreichen Pilze und Mikroorganismen im Boden besser gedeihen.
Ähnliche Experimente führen parallel dazu Wissenschaftler der Universitäten Lausanne und Grenoble an anderen Orten in den Alpen durch. Dies erlaubt es, die Daten verschiedener Standorte zu analysieren und miteinander zu vergleichen. Das Experiment am Calanda soll für mindestens zehn Jahre laufen.