Nach einer Woche Arbeit mit dem Team des FCZ lässt sich Trainer Uli Forte nicht auf die Äste hinaus. Das Training vor dem Match in Sitten gibt ihm ein gutes, aber vielleicht trügerisches Gefühl.
«Ich kann eindeutig feststellen, dass sich die Spieler und die Mannschaft im Training gesteigert haben», sagte Forte am Freitag an der Medienkonferenz des abstiegsbedrohten Traditionsklubs. Aber der Zürcher relativierte die Erkenntnis gleich selber: «Training ist Training, Match ist Match. Wir werden am Sonntag wieder sehen, wo wir stehen.»
Uli Forte musste zugeben, dass ihn der Zustand der Mannschaft und der Auftritt bei der 0:3-Niederlage erschreckt hatten. «Wir waren komplett verunsichert. Die St. Galler machten mit uns, was sie wollten.»
Fortes Angst vor neuer Spionage
St. Gallens Trainer Joe Zinnbauer hatte ein Spionageteam nach Zürich geschickt, um das Training des FCZ-Teams bildlich und akustisch festzuhalten. «Sie zeichneten jedes Wort auf, das ich sagte. Sie hatten alle Informationen. Und sie spielten dann tatsächlich genau so, wie man gegen uns spielen musste.»
Zumindest bis zum Saisonende, wenn der FCZ den Abstieg verhindert haben will, möchte Forte so etwas nicht noch einmal erleben. Deshalb absolvierte er in dieser Woche mit der Mannschaft Trainings unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Zürich und Lugano, ausgerechnet die beiden Mannschaften, denen das Wasser bis zum Hals steht, werden sich nach dem Ende der Meisterschaft am Sonntag, 29. Mai, im Letzigrund im Cupfinal gegenüberstehen. Hat es der Mannschaft eine trügerische Sicherheit gegeben, als sie mit lauter Auswärtssiegen (bei YB, in Thun und Sitten) in den Final vorgestossen war? Forte kann es sich so vorstellen, wagt jedoch kein abschliessendes Urteil. «Dafür kenne ich die Mannschaft zu wenig lang.»
In den letzten Stunden vor dem Match bei Sion will Forte auch im psychologischen Bereich mit den Spielern arbeiten. Die Mannschaft reist am Samstagmorgen ins Wallis. Die Vorbereitung am Abend wird mit Anschauungsunterricht abgeschlossen. Als Vorlage dient, live angeschaut, der deutsche Cupfinal zwischen Bayern München und Borussia Dortmund. Vielleicht wird es den einen oder andern verunsicherten Spieler inspirieren.
Die Übersicht über die Spiele vom Sonntag:
Grasshoppers – Thun (bisherige Duelle in dieser Saison: 5:3, 1:2, 1:2). – Sonntag, 16.00 Uhr. – SR Pache. – Absenzen: – ; Schirinzi (gesperrt), Faivre, Wittwer, Schindelholz, Reinmann und Wieser (alle verletzt). – Fraglich: Senderos, Caio, Bamert, Basic; Joss (Schulterverletzung). – Statistik: Noch vor wenigen Wochen schienen die Grasshoppers den 2. Platz hinter Basel und damit die Teilnahme an der Qualifikation zur Champions League schon fast auf sicher zu haben. Dann wurden sie von den Young Boys überholt und stehengelassen, und jetzt sehen sie sogar noch den Platz im Europa-League-Wettbewerb gefährdet. Das fünftplatzierte Sion sitzt ihnen mit nur einem Punkt Rückstand im Nacken. Im Herbst hatten die Grasshoppers spektakulär gespielt und Tore am Laufmeter erzielt. Seit dem Wegzug von Yoric Ravet und beispielsweise auch wegen der Formbaisse von Shani Tarashaj ist jetzt vieles anders geworden. In den letzten zehn Spielen trafen die Hoppers noch neunmal – weniger als einmal pro Match. Sechs dieser zehn Spiele, davon die letzten zwei, gingen verloren, nur zwei konnte GC gewinnen. Thun, das zuletzt dreimal remisierte, sieht sich seit geraumer Zeit in der Rolle des Spielverderbers, im Niemandsland der Tabelle.
St. Gallen – Luzern (1:0, 1:0, 1:0). – Sonntag, 16.00 Uhr. – SR Bieri. – Absenzen: Hanin (gesperrt), Tafer und Thrier (beide rekonvaleszent); Sarr (verletzt). – Fraglich: Mathys und Karadeniz; – . – Statistik: St. Gallen hat sich eben erst jeder Abstiegsgefahr entledigt, während Luzern auf dem 3. Platz drauf und dran ist, trotz des schwachen Starts in die Rückrunde – es setzte nach dem Wiederbeginn fünf Niederlagen in Serie ab – die Qualifikation zur Europa League zu erreichen. Obwohl die beiden Mannschaften heute durch 12 Punkte getrennt sind, hat St. Gallen alle drei bisherigen Duelle mit den Innerschweizern gewonnen, und zwar jeweils mit 1:0. Davor war die Punkteverteilung in den Duellen recht ausgeglichen gewesen. Seit Anfang 2010 gewann Luzern siebenmal, St. Gallen sechsmal. Fünf Spiele gingen in dieser Periode unentschieden aus. Das Spiel am Sonntag ist besonders für die Luzerner wichtig. Mit einem Sieg würden sie sich GC und Sion im Kampf um die Plätze 3 und 4 weiter vom Leib halten. Die Mannschaft von Trainer Markus Babbel gewann zu Saisonbeginn vier von fünf Auswärtsspielen. Danach blieben sie in neun weiteren Auswärtsspielen sieglos (7 Niederlagen, 2 Remis), bevor sie jüngst auf fremden Plätzen den FC Zürich (1:0) wie auch Vaduz (2:1) besiegten.
Sion – Zürich (3:1, 0:1, 1:0). – Sonntag, 16.00 Uhr. – SR Schärer. – Absenzen: Carlitos (gesperrt), Pa Modou, Kouassi, Adao, Cmelik, Follonier (alle verletzt) und Vanczak (krank); Sanchez (gesperrt), Alesevic, Brecher, Kleiber und Schönbächler (alle verletzt/rekonvaleszent). – Fraglich: – ; Kukeli. – Statistik: Aus den letzten zehn Direktbegegnungen ging jedes Mal ein Sieger verlor. Zürich gewann sechsmal, Sion viermal. Während Sion drei seiner Siege mit 1:0 errang, glückten dem FCZ zwei 4:1-Erfolge. In ihrer äusserst ernsten Lage können die Zürcher im Tourbillon keinerlei Geschenke erwarten, denn die Sittener setzen alles daran, das von Präsident Christian Constantin herausgegebene Ziel, einen Platz in der Qualifikation zur Europa League, zu erfüllen. Aus der Sicht der Zürcher waren die letzten Wochen besorgniserregend. Noch Anfang April schienen sie trotz der insgesamt schwachen Saison über dem Berg zu sein, als sie nacheinander 3:0 in Vaduz und 4:0 daheim gegen St, Gallen gewonnen hatten. Seither aber schauten aus acht Spielen lediglich noch zwei Pünktchen heraus, die letzten fünf Partien gingen beim bitteren Torverhältnis von 2:17 allesamt verloren. Und jetzt hat der neue Trainer Uli Forte noch zwei Spiele, um die Wende zum Guten, also zum Ligaerhalt, herbeizuführen.
Vaduz – Lugano (0:1, 1:1, 5:2). – Sonntag, 16.00 Uhr. – SR Erlachner. – Absenzen: Untersee, Fekete, Burgmeier (alle verletzt), Schürpf, Felfel, Kaufmann (alle rekonvaleszent/Einsatz in U23); Rey (gesperrt); Culina, Padalino und Datkovic (alle verletzt). – Statistik: Für Vaduz ist es die grosse und vielleicht einmalige Chance, in der zweiten Saison in Folge die Zugehörigkeit zur Super League sicherzustellen. Bereits vor einem Jahr stand vor der letzten Runde fest, dass Vaduz als Vorletzter oben bleiben würde. Der nachmalige Absteiger Aarau kam mit einem Sieg in der letzten Runde noch bis auf einen Punkt an die Liechtensteiner heran, aber die Entscheidung war schon gefallen. Von den drei vom Abstieg bedrohten Mannschaften Vaduz, Lugano und Zürich war Vaduz zuletzt mit nur einer Niederlage, aber drei Siegen in sechs Spielen klar am stärksten. In der gleichen Zeitspanne bezog Lugano vier Niederlagen bei nur einem Sieg. Gleich zu Beginn der Rückrunde zeigte der FC Lugano bei der 2:5-Heimniederlage gegen Vaduz eine seiner schwächsten Leistungen der Saison. Lugano kann am Sonntag seinerseits jeden Punkt brauchen, um vor dem letztplatzierten FCZ zu bleiben.
Young Boys – Basel (4:3, 0:1, 0:2). – Sonntag, 16.00 Uhr. – SR San. – Absenzen: Rochat, Wüthrich, Kubo, Seferi und Benito (alle verletzt); Embolo, Samuel, Safari, Xhaka, Lang, Janko, Hoegh, Degen, Akanji und Sporar (alle verletzt). – Statistik: YB gewinnt in Bern, Basel gewinnt in Basel. Dies war in den letzten Jahren die Regel. Viele Duelle der beiden zurzeit stärksten Mannschaften der Schweiz verliefen attraktiv und spektakulär. Einem weiteren gefälligen Auftritt sollte auch für den Sonntag nichts im Weg stehen, zumal nicht mehr viel auf dem Spiel steht. Für beide sind die Plätze 1 und 2 seit längerem zementiert. Die Young Boys haben die Chance, die beste Mannschaft der Rückrunde zu bleiben. In dieser unbedeutenden Wertung des Frühlingspensums führen die Berner gegenüber dem FCB mit 38:37 Punkten. Mit einem Remis würde YB also vorne bleiben. Ein Blick auf diese Statistik zeigt, dass sowohl Basel als auch YB allein nach der Winterpause deutlich mehr Punkte geholt haben als beispielsweise der FC Zürich in der ganzen Saison. Etwas boshaft ausgedrückt: Wenn man ihnen nach der ersten Saisonhälfte alle errungenen Punkte weggenommen hätte, lägen Basel und YB jetzt dennoch ohne Abstiegssorgen vor dem FCZ.
Die Rangliste der Super League vor der 35. Runde.
1. Basel 80. 2. Young Boys 66. 3. Luzern 50. 4. Grasshoppers 49. 5. Sion 48. 6. Thun 40. 7. St. Gallen 38. 8. Vaduz 35. 9. Lugano 31. 10. Zürich 30.