Porträts von 25 ehemaligen Verdingkindern sind ab Mittwoch im Berner Polit-Forum Käfigturm zu sehen. Der Keystone-Fotograf Peter Klaunzer will mit seiner Arbeit ein Kapitel Schweizer Geschichte vor dem Vergessen bewahren.
Auf die Idee kam Klaunzer Ende 2014, als er für Keystone die Einreichung der Wiedergutmachungsinitiative auf dem Bundesplatz fotografierte. Bei dieser Gelegenheit kam er erstmals mit ehemaligen Heim- und Verdingkindern in Kontakt – und er sah, wie ihr schwieriges Leben Spuren im Gesicht hinterlassen hatte.
Charles Probst war einer von ihnen, ein heute 86-jähriger Mann. Über «Charly» kam Klaunzer in Kontakt mit dem Verein netzwerk-verdingt. Die meisten Betroffenen waren bereit, sich fotografieren zu lassen. «Bis dahin hatten wir bei Keystone viele historische Bilder, aber keine Zeitdokumente von noch lebenden Verdingkindern», sagt Klaunzer.
Aufwühlende Geschichten
Rasch erkannte er das Potenzial der Bilder, die er nun zu einer Ausstellung zusammengetragen hat. Die Porträts werden ergänzt von sogenannten Kontextbildern; sie zeigen die Menschen in ihrem Alltag. Die aufwühlenden Lebensgeschichten werden ebenfalls erzählt.
Die ehemaligen Heim- und Verdingkinder haben schwere Beeinträchtigungen davongetragen. Sie leiden bis heute unter den Entwürdigungen, Peinigungen und den schweren Misshandlungen, die sie in ihren Kinder- und Jugendjahren erleben mussten. Viele der Porträtierten sind älter als 70 Jahre, es hat aber auch Mittvierziger darunter.
Die Ausstellung ist bis zum 17. März zu sehen. Sie steht in aktuellem politischem Kontext: Als zweite Kammer hat der Ständerat im September dem indirekten Gegenvorschlag zur Wiedergutmachungsinitiative zugestimmt. Ehemalige Verdingkinder und andere Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen erhalten demnach vom Bund einen Solidaritätsbeitrag von bis zu 25’000 Franken.
Zur Ausstellung gibt es ein reichhaltiges Rahmenprogramm: Podiumsdiskussionen, Vorträge, Filmvorführungen, Begegnungsmöglichkeiten mit ehemaligen Verdingkindern und Führungen werden angeboten.