Der in Frankreich inhaftierte kasachische Ex-Bankenchef und Regierungsgegner Muchtar Abliasow soll wegen Betrugsvorwürfen nach Russland ausgeliefert werden. Das entschied die Untersuchungskammer des Berufungsgerichts der südfranzösischen Stadt Aix-en-Provence am Donnerstag.
Das Gericht genehmigte auch eine Auslieferung an die Ukraine, räumte dem russischen Antrag aber Vorrang ein. Abliasows Anwälte, welche die Vorwürfe gegen ihren Mandanten als politisch motiviert bezeichnen, kündigten umgehend Rechtsmittel gegen das Urteil an.
Abliasow war Ende Juli in einer Villa nahe Cannes auf Grundlage eines internationalen Haftbefehls festgenommen worden. Kasachstan, Russland und die Ukraine forderten eine Auslieferung Abliasows, der 2009 aus seiner Heimat geflohen war, nachdem dort Ermittlungen wegen Milliardenbetrugs gegen ihn eingeleitet worden waren.
Dem einstigen Chef und damals grössten Aktionär von Kasachstans grösster Bank BTA wird die Unterschlagung enormer Summen vorgeworfen. Der Schaden in Russland wird auf fünf Milliarden Dollar beziffert, der in der Ukraine auf 400 Millionen Dollar.
Anwälte befürchten Auslieferung an Kasachstan
Abliasows Anwälte argumentieren, Russland und die Ukraine würden Abliasow umgehend an Kasachstan ausliefern, wo der heute 50-Jährige in der Opposition gegen den langjährigen autoritären Staatschef Nursultan Nasarbajew aktiv war. Etwas anderes zu glauben wäre «naiv».
«Seine Auslieferung anzuordnen bedeutet, ihn zum Tode zu verurteilen», sagte Abliasows Ehefrau Alma Schalabjewa nach dem Richterspruch in Aix-en-Provence. Abliasows Tochter Madina sprach von einer «Schande für die französische Justiz».
Bereits in Grossbritannien verurteilt
Abliasow, der zuvor in Kasachstan ein Ministeramt innehatte, war 2002 inhaftiert worden, nachdem er die Führung einer Oppositionspartei übernommen hatte. Nach seiner vorzeitigen Freilassung wurde er Chef der Bank BTA.
2009 floh er nach Einleitung der Betrugsermittlungen nach London, wo er den Status eines politischen Flüchtlings erhielt. Die BTA strengte dort mehrere Zivilprozesse gegen ihn an. Wegen falscher Angaben vor Gericht zu seinem Vermögen wurde Abliasow zu 22 Monaten Haft verurteilt.
Abliasow tauchte unter, seine Spur verlor sich, bis von der BTA-Bank angeheuerte Detektive ihn in Südfrankreich aufspürten, wo er schliesslich von der Polizei festgenommen wurde. Er sitzt seitdem in Auslieferungshaft.