Zwölf Jahre nach dem Untergang des Tankers „Erika“ und der dadurch ausgelösten Ölpest an der Bretagne-Küste beschäftigt die Umweltkatastrophe erneut die Justiz. In Paris begann ein Kassationsgericht am Donnerstag mit der Prüfung eines richtungsweisenden Richterspruchs.
Es geht um die Frage, ob das mehrjährige Verfahren überhaupt rechtens war – sonst droht die Annullierung des Richterspruchs, der grossen Einfluss auf Entscheidungen im Umweltrecht hatte. Mit einem Gerichtsentscheid ist nach Informationen des TV-Senders BFM frühestens im September zu rechnen.
Die komplexe Prüfung der Rechtmässigkeit des Urteils aus dem Jahr 2010 hatte der Generalstaatsanwalt beantragt. Er argumentiert, dass der unter Malta-Flagge gefahrene Tanker ausserhalb der französischen Territorialgewässer gesunken sei.
Im Dezember 1999 war die vom Ölkonzern Total gecharterte altersschwache „Erika“ mit Zehntausenden Tonnen Schweröl an Bord in schwerer See havariert und gesunken. Das auslaufende Öl verkleisterte mehr als 400 Kilometer Küste, Zehntausende Seevögel verendeten qualvoll, die wirtschaftliche Grundlage vieler Bretonen wurde zerstört oder stark beeinträchtigt.
Aus Sicht des Generalstaatsanwalts ist auch die Anerkennung von Umweltschäden als Basis für Entschädigungsforderungen strittig, da es bisher keine entsprechenden nationalen Gesetze gibt.
Total war wegen Fahrlässigkeit beim Chartern des altersschwachen Tankers für mitschuldig an der Umweltkatastrophe erklärt worden. Ein Pariser Berufungsgericht hatte 2010 die Gesamtsumme des Schadenersatzes mit 200 Millionen Euro bestätigt.
170 Millionen Euro hat Total bereits gezahlt, die restliche Summe entfällt auf Reeder, Schiffseigner und das italienische Kontrollbüro. Die reine Strafzahlung für den Ölkonzern betrug 375’000 Euro.