Die Wahlen zur Nationalversammlung haben den französischen Sozialisten mit dem Gewinn der absoluten Mehrheit die grösste Machtfülle ihrer Geschichte beschert. Präsident François Hollande wird nahezu unbeschränkt seine Reformpläne durchsetzen können.
Hollandes Sozialisten ist mit dem Wahlergebnis vom Sonntag etwas geglückt, was François Mitterrand während 14 Jahren Herrschaft verwehrt geblieben war: Erstmals dominieren die Sozialisten beide Parlamentskammern. Im Senat, der zweiten Parlamentskammer, hat die Linke bereits seit dem Vorjahr die Mehrheit.
Hollande kann damit seine linken Reformpläne ungehindert durchsetzen. Im Ringen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel um den richtigen Weg aus der Euro-Krise wird er zudem ohne innenpolitische Kompromisse den französischen Kurs vorgeben können.
Zu den vordringlichen Projekten Hollandes gehört unter anderem eine umfassende Steuerreform, bei der Spitzenverdiener und Finanzinstitute deutlich stärker belastet werden sollen.
Weitere Projekte sind die Einführung der Homo-Ehe und Änderungen an der Rentengesetzgebung. Das Rentenalter für sehr früh ins Arbeitsleben gestartete Franzosen wurde bereits per Dekret wieder von 62 auf 60 Jahre gesenkt.
Die konservative UMP des am 6. Mai abgewählten Präsidenten Nicolas Sarkozy rutschte massiv ab und wird erstmals seit 2002 wieder auf der Oppositionsbank Platz nehmen müssen. Direkte Verbündete eingeschlossen wird die konservativ-rechte Partei nur noch bei 221 bis 231 Sitzen gesehen. Die rechte Seite verlor damit gut 100 Mandate.
Niederlage für Royal
Der Front National von Marine Le Pen wird erstmals seit 1998 wieder im Parlament vertreten sein. Eines der FN-Mandate fällt an Marion Maréchal-Le Pen, die mit ihren 22 Jahren das jüngste je gewählte Parlamentsmitglied sein wird. Die Enkelin von FN-Gründer Jean-Marie Le Pen schaffte ihre Wahl im Vaucluse. Ihre Tante, FN-Präsidentin Marine Le Pen, verpasste hingegen den Einzug ins Parlament hauchdünn.
Neben Marine Le Pen zählt auch die frühere sozialistische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal zu den prominenten Wahlverliererinnen. Royal unterlag in La Rochelle als offizielle Kandidatin dem wild kandidierenden Sozialisten Oliver Falorni.
Royal sprach von einem „Verrat“, der eines Tages gesühnt werde. Die Lebensgefährtin von Präsident Hollande, Valérie Trierweiler, hatte per Twitter ihren Vorzug für Royals Gegenspieler ausgedrückt und damit einen heftigen Wirbel ausgelöst. Royal war die frühere Partnerin Hollandes. Aus ihrer Beziehung stammen vier Kinder.