Die französische Regierung hat ihre Arbeitsmarktreform am Dienstag erneut ohne Abstimmung durchs Parlament gedrückt. Premierminister Manuel Valls griff dazu am Dienstag in der Nationalversammlung auf eine Sonderregel in der Verfassung zurück.
Nächste Station für die Reform, gegen die auch am Dienstag wieder Gewerkschaften auf die Strasse gingen, ist erneut der Senat als zweite Kammer des französischen Parlaments.
Die Reform soll Unternehmen mehr Flexibilität verschaffen und so mehr Beschäftigung anreizen. Das neue Arbeitsgesetz sieht vor, im Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit unter anderem die 35-Stunden-Woche und den Kündigungsschutz zu lockern. Kritiker bei Gewerkschaften oder im linken Spektrum der regierenden Sozialisten fürchten um Arbeitnehmerrechte.
Valls sprach am Dienstag im Parlament von einer Allianz der Gegensätze, gebildet aus konservativer Opposition und linken Kritikern. Solche Strategien dürften das Land ein Jahr vor den Wahlen 2017 nicht blockieren.
Die frühere Justizministerin Christiane Taubira, kritisierte auf ihrem Facebook-Account: «Ohne Diskussion ist die Demokratie ein toter Stern.»
Berüchtigter Verfassungsartikel 49-3
Mit dem Schritt nach Artikel 49-3 der Verfassung gilt das Gesetz auch in zweiter Lesung als angenommen, sofern nicht ein Misstrauensantrag gestellt wird und Erfolg hat. Die Opposition hat bereits angekündigt, diesmal keinen solchen Antrag zu stellen – unklar war allerdings noch, ob Kritiker von Links einen solchen Schritt versuchen könnten.
Auch in erster Lesung hatte die Regierung dieses Mittel angewandt. 2015 hatte Valls damit bereits eine umstrittene Wirtschaftsreform durchgedrückt.
Mehrere Gewerkschaften wehren sich seit Monaten gegen die Reform, die der vom Senat Ende Juni noch verschärft worden war.
Wieder Tausende auf der Strasse
In Paris und anderen Städten gingen die Gewerkschaften zum zwölften Mal gegen die Reform auf die Strasse. In Paris versammelten sich nach Angaben der Polizei rund 7000 Menschen bei dem Marsch zum zentralen Bastille-Platz. Die Gewerkschaft CGT sprach dagegen von 45’000 Teilnehmern.
CGT-Chef Philippe Martinez sagte, es handle sich um «die letzte Demonstration vor den Sommerferien». Danach werde es neue Proteste geben.
Aktionen gab es unter anderem auch in Marseille, Toulouse und Rennes. Sie blieben vorerst friedlich. In den vergangenen Wochen hatte es bei solchen Kundgebungen immer wieder Ausschreitungen mit Verletzten gegeben.