Knapp vier Wochen nach ihrem Amtsantritt hat die neue französische Regierung die unter Ex-Präsident Nicolas Sarkozy eingeleitete Rentenreform teilweise gekippt. Der neue Präsident François Hollande setzte damit ein Kernversprechen seines Wahlkampfes um.
Das Rentenalter werde für diejenigen, die seit jungen Jahren gearbeitet hätten, wieder auf 60 Jahre zurückgesetzt, erklärte Sozialministerin Marisol Touraine am Mittwoch nach einer Kabinettssitzung.
Im Jahr 2013 sollen etwa 110’000 Bürger davon profitieren. Jedoch wird die Massnahme bis 2017 jährlich zusätzliche 1,1 Mrd. Euro kosten, danach weitere 3 Mrd. Euro pro Jahr.
Der Sparkurs der abgewählten konservativen Regierung unter Sarkozy hatte vorgesehen, dass Franzosen ab 2017 im Alter von 62 Jahren in Rente gehen sollen anstatt wie bisher mit 60 Jahren. Per Dekret soll dies nun für die Arbeitnehmer zurückgenommen werden, die schon ab dem Alter von 18 oder 19 Jahren und für die volle Beitragszeit von 41 oder 41,5 Jahren in die Rentenkasse einbezahlt haben.
Frage der „Gerechtigkeit“
Sozialministerin Touraine nannte die teilweise Rücknahme der Rentenreform eine Frage der „Gerechtigkeit“. Zudem sei der Schritt „vollständig finanziert“, denn die Sozialabgaben für Arbeitnehmer und Unternehmer sollen bis 2017 im Gegenzug um insgesamt 0,25 Prozentpunkte steigen.
Frankreich ist damit das derzeit einzige Land in Europa, in dem das Renteneintrittsalter verringert wird. Zudem haben die Franzosen eine deutlich höhere Rente als etwa die Deutschen: Sie liegt bei durchschnittlich 1400 Euro im Monat. In Deutschland beziehen gesetzlich Versicherte je nach Berechnung durchschnittlich etwa 1000 Euro.
Das Dekret zu den Regelungen, das im November in Kraft treten soll, muss noch endgültig ausgearbeitet werden. Über mögliche weitergehende Änderungen an Sarkozys Rentenreform wollen die Sozialisten ab dem Sommer mit den Sozialpartnern beraten. Diese hatten im Jahr 2010 gemeinsam mit den Gewerkschaften wochenlang gegen Sarkozys Rentenpläne demonstriert.