Grossbritannien k ̈ndigt den Bau zweier Atomreaktoren an. Wie die britische Regierung und der französische Energiekonzern EDF am Montag bekanntgaben, sollen bis 2023 zwei neue Meiler im südwestenglischen Kernkraftwerk Hinkley Point ans Netz gehen.
Hinter den ersten Reaktor-Neubauten seit Mitte der 90er Jahre steht demnach ein Investitionsvolumen 16 Milliarden Pfund (über 23,3 Milliarden Franken).
EDF wird am Bau der beiden Europäischen Druckwasserreaktoren (EPR) mit 45 bis 50 Prozent beteiligt sein, wie das Unternehmen und die britische Regierung mitteilten. Der französische AKW-Bauer Areva soll mit 10 Prozent Projektpartner sein; die beiden chinesischen Atomkonzerne CGN und CNNC mit 30 bis 40 Prozent. EDF verhandle mit weiteren Investoren, die sich mit bis zu 15 Prozent an dem Projekt beteiligten könnten.
Debatte um Abnahmepreis für Strom
Einer der Knackpunkte in den Verhandlungen um den Neubau der beiden Meiler war ein garantierter Abnahmepreis für den Atomstrom, den sich EDF sichern wollte. In dem Punkt gab es nun eine Einigung: Vereinbart wurde ein garantierter Abnahmepreis von umgerechnet 10,6 Cent pro Kilowattstunde, wie aus den Angaben des Unternehmens und der britischen Regierung hervorgeht. Er liegt weit über dem derzeit gezahlten Preis in Grossbritannien.
Der Abnahmepreis könnte laut Vereinbarung noch ein Stück sinken, wenn EDF den Zuschlag für den Bau zweier weiterer Reaktoren in Grossbritannien erhält. Die Meiler sollen in der Nähe von Sizewell entstehen, in der Grafschaft Suffolk an der Ostküste.
In Grossbritannien wird derzeit heftig über steigende Energiepreise diskutiert. Oppositionsführer Ed Miliband von der Labour-Partei hatte für den Fall eines Wahlsieges 2015 angekündigt, für eineinhalb Jahre die Energiepreise einfrieren zu wollen.
Paris und London zufrieden
EDF und die britische Regierung hatten seit Monaten über den Vertrag verhandelt. Die beiden Atomreaktoren sind die ersten seit 1995, die in Grossbritannien gebaut werden. Das Land hat derzeit 16 Reaktoren in Betrieb, von denen der älteste in spätestens zwei Jahren vom Netz gehen soll.
Atomenergie macht in Grossbritannien nach Angaben des Weltatomverbandes knapp ein Fünftel der Stromerzeugung aus. 27,5 Prozent der Energie liefert demnach die Verbrennung von Erdgas. Kohle macht 40 Prozent der Energieversorgung aus.
Frankreichs Staatspräsident François Hollande begrüsste den Neubau der Atommeiler in Grossbritannien durch EDF als «historische Investition», die Arbeitsplätze in beiden Ländern schaffen werde. EDF ist zu 84,4 Prozent in Staatshand. Nach Angaben Grossbritanniens Premierminister David Cameron könnten durch das Projekt 25’000 Jobs entstehen.