Das französische Gesetz, das die Leugnung des „Völkermords“ an den Armeniern unter Strafe stellt, ist verfassungswidrig. Der Verfassungsrat entschied am Dienstag in Paris, dass das Gesetz gegen das Gebot der Meinungsfreiheit verstosse.
Damit kann das umstrittene Gesetz, gegen das die Türkei scharf protestiert hatte, nicht in Kraft treten. Allerdings kündigte der französische Präsident Nicolas Sarkozy umgehend einen neuen Gesetzentwurf an.
Nationalversammlung und Senat hatten das Gesetz verabschiedet, das die Leugnung eines in Frankreich anerkannten Völkermordes unter Strafe stellt. Dazu zählt neben dem Holocaust das Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich zwischen 1915 und 1917, bei dem nach armenischen Angaben 1,5 Millionen Menschen starben.
Das Verfassungsgericht kam zu dem Schluss, das Gesetz sei nicht mit dem Recht auf Meinungsfreiheit vereinbar. Zwar könne dieses Recht eingeschränkt werden. Allerdings müsse dabei die Verhältnismässigkeit gewahrt bleiben. Gegen das Gesetz hatten mehr als hundert Abgeordnete Beschwerde eingelegt.
Türkei zufrieden
Die Türkei weist den Vorwurf des Völkermords zurück und geht von einer Opferzahl von bis zu 500’000 Menschen aus. Der türkische Aussenminister Ahmet Davutoglu begrüsste in einer ersten Reaktion das Urteil. „Ich hoffe, dass jeder daraus die notwendigen Lektionen gelernt hat“, sagte er.
Das Kabinett in Ankara werde nun eine Wiederherstellung der wirtschaftlichen, politischen und militärischen Beziehungen zu Frankreich erwägen. Mitte Dezember hatte die Türkei zeitweise ihren Botschafter zu Konsultationen in die Heimat zurückgeholt und die militärischen Beziehungen zu Frankreich eingeschränkt.
Die Türkei sah in dem Gesetz vor allem ein wahltaktisches Manöver Sarkozys, um sich die Stimmen der armenischstämmigen Franzosen zu sichern. Sarkozy erklärte in einer Stellungnahme, er könne sich die enorme Enttäuschung derer vorstellen, die durch das Gesetz auf einen Schutz gegen die Leugner des einstigen Unrechts gehofft hätten.