Bundesrat Johann Schneider-Ammann sprach am Samstag von einem historischen Moment, nachdem er das Freihandelsabkommen mit China unterzeichnet hatte. Bedeutungsvoll ist das Abkommen hauptsächlich für die Exportwirtschaft: Sie hofft, dass der Handel mit China noch stärker wächst.
Im Jahr 2012 exportierte die Schweiz Waren im Wert von 7,8 Mrd. Fr. nach China. 2011 war es gemäss offizieller Statistik sogar noch mehr. Innert einem halben Jahrzehnt haben sich die Ausfuhren der Schweizer Wirtschaft ins Reich der Mitte damit mehr als verdoppelt.
Nach der feierlichen Unterzeichnungszeremonie in Peking gab Schneider-Ammann denn auch seiner Hoffnung Ausdruck, dass mit dem Abkommen die rasante Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern eine Fortsetzung finde.
Diese Hoffnung dürfte erfüllt werden: Eine Untersuchung des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) zeigt, dass in den vier Jahren nach Inkrafttreten eines neuen Abkommens der Aussenhandel mit den jeweiligen Freihandelspartnern jeweils ein fast doppelt so hohes Wachstum aufwies als der Handel mit den Industrieländern insgesamt.
So verwundert es denn auch nicht, dass Schneider-Ammann von einer rund dreissigköpfigen Delegation von Wirtschaftsvertretern nach Peking begleitet wurde. Mit ihrer Anwesenheit unterstrichen diese die Bedeutung des Abkommens für die Schweizer Wirtschaft.
Keine alltägliche Unterschrift
Auch für Handelsminister Gao Hucheng, der auf chinesischer Seite das 1152 Seiten umfassende Dokument unterzeichnete, ist das Abkommen offenbar nicht etwas Alltägliches – zumal die Schweiz nach Island erst das zweite Land in Europa ist, welches mit China ein Freihandelsabkommen abschliesst.
In Kraft treten dürfte das Freihandelsabkommen in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres. Die Ratifizierung des Abkommens werde wahrscheinlich etwa ein Jahr in Anspruch nehmen, sagte Schneider-Ammann. Dem Abkommen zustimmen muss nun noch das Parlament.
Lange Übergangsfristen
Der Vertrag deckt ein breites Spektrum an Themen ab. Neben dem Abbau von Zöllen für Industriegüter und landwirtschaftliche Produkte regelt er beispielsweise auch die Verwendung von Herkunftsbezeichnungen und den Schutz geistigen Eigentums.
Trotz seines Umfangs wird das Freihandelsabkommen aber nicht in allen Wirtschaftssektoren zu gleich markante Verbesserungen der Rahmenbedingungen bei grenzüberschreitenden Geschäften führen. So sind beispielsweise für einzelne Produkteklassen von Industriegütern lange Übergangsfristen vorgesehen, bis China die Zölle senkt.
Selbst Bauern vorerst positiv eingestellt
Dass zumindest für die Industrie und auch für den Dienstleistungssektor das Positive überwiegt, zeigt sich in den ersten Reaktionen. Der Schweizerische Gewerbeverband beispielsweise sieht im Freihandelsabkommen mit China eine grosse Chance für die Schweizer KMU – und dies, ohne den Vertrag schon im Detail zu kennen.
Selbst die Bauern stehen dem Freihandelsabkommen nun vorsichtig positiv gegenüber. Erste Informationen bestätigten, dass die zentralen Forderungen der Landwirtschaft berücksichtigt worden seien, hiess es in einer Stellungnahme des Schweizerischen Bauernverbands. Nun müsse man den Vertrag im Detail analysieren.
Menschenrechts- und Entwicklungshilfeorganisationen kritisierten aber insbesondere, dass von Schweizer Seite nicht darauf bestanden wurde, dass auch die Menschenrechte im Vertrag erwähnt werden. Der Begriff Menschenrechte tauche im gesamten Abkommen nicht ein einziges Mal auf, schreibt die Erklärung von Bern im Namen von insgesamt fünf Nichtregierungsorganisationen auf ihrer Homepage.