Im Wettskandalprozess spricht das Bundesstrafgericht in Bellinzona drei Schweizer Fussballer überraschend vom Vorwurf des Betruges frei. Die Begründung: Elektronische Wettanbieter könnten nicht wie ein Mensch getäuscht werden.
Die ehemaligen Spieler des FC Gossau (Darko Dajmanovic und Christian Leiste) sowie des FC Thun (David Blumer) standen unter dem Verdacht, mit einer international agierenden Betrügerbande kooperiert zu haben. Sie sollen als Torhüter und Stürmer Spiele der Challenge League im Jahr 2009 manipuliert haben, um hohe Wettgewinne zu ermöglichen. Die Wetten setzten die Drahtzieher des Netzwerkes vor allem bei asiatischen Wettanbietern und an Wettautomaten. Das Gericht in Bellinzona begründete seine Freisprüche mit dem Argument, elektronische Wettanbieter könnten nicht wie ein Mensch getäuscht werden.
Zwei der Fussballer, die heute noch aktiv sind und eine Beteiligung an möglichen Manipulationen immer abgestritten haben (Leite und Blumer), sollen mit 16’500 beziehungsweise 26’000 Franken entschädigt werden. Damjanovic gab im Verlauf des Prozesses zu, von Manipulationsversuchen gewusst zu haben.
Gemäss Anklage sollen den Fussballern im Erfolgsfall Prämien zwischen 1’700 und 12’000 Franken ausgezahlt worden sein. Die internationalen Wettanbieter seien betrogen worden und hätten dadurch finanziellen Schaden erlitten. Ein Betrug setze aber die Täuschung einer natürlichen Person voraus, erläuterte Einzelrichter Walter Wüthrich. Ein Wettautomat dagegen oder ein anonymes asiatisches Online-Portal könne nicht arglistig getäuscht werden. Alle Anklageschriften seien in diesen Punkten ungenügend.
Entsprechend sei es zwingend, die drei Fussballer von den Vorwürfen der Mittäterschaft beziehungsweise Gehilfenschaft zum gewerbsmässigem Betrugs freizusprechen. Eine mutmassliche Spielmanipulation auf dem Fussballfeld würde zwar durchaus Personen täuschen, sagte Richter Wüthrich. Er bezog sich damit auf die Zuschauer, die Fans und die Clubs. Doch dies sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Eine Zivilforderung des FC Gossau verwies er daher auf den Zivilweg.
Bundesrat will Sportbetrug zum Straftatbestand machen
Die Lücken im Strafrecht, die zum Freispruch führten, will der Bundesrat schliessen. Erst vergangene Woche hatte er angekündigt, einen neuen Straftatbestand Sportbetrug zu prüfen. Mit diesem soll gegen Wettkampfmanipulationen vorgegangen werden können.
Enttäuscht von dem Urteil zeigte sich Bundestaatsanwalt Olivier Thormann aus. Er hatte auf einen richtungsweisenden Grundsatzentscheid gehofft, der die Sportwelt in Zukunft vor Wettmanipulationen schützen würde. Für Verfahren in Deutschland hätte die Beweislage schliesslich ausgereicht. In Bochum war im Mai 2011 der Hauptbeschuldigte eines Betrüger-Netzwerkes, ein Deutsch-Kroate, wegen gewerbsmässigen Betrugs zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden.
In der Verhandlung waren fünf Spiele der Challenge League im Jahr 2009 im Mittelpunkt gestanden. Bei folgenden Begegnungen soll das Endergebnis künstlich herbeigeführt worden sein: Gossau – Locarno (0:4) und Servette – Gossau (4:0) im Mai, Lugano -Gossau (7:0) im September und Gossau – Vaduz (1:4) im November. Auch beim Spiel Locarno – Gossau (2:2) im August 2009 soll es Betrugsversuche gegeben haben. Allerdings erzielte die Manipulation gemäss der Anklage nicht das gewünschte Resultat.
Einen vierten Fall um einen früheren Spieler aus der Drittliga (Mate Budimir), der als Vermittler zwischen Betrügerbande und Fussballer agiert haben soll, hat das Bundesstrafgericht an die Bundesanwaltschaft (BA) zurückgewiesen. Statt eines abgekürzten Verfahrens werde ein ordentliches Vorverfahren verlangt, hiess es.