Freisprüche für Oberärzte nach tödlicher Fehldiagnose im Spital Wil

Der Oberarzt der Anästhesie und die Oberärztin der Gynäkologie tragen keine Mitschuld am Tod einer 34-jährigen Mutter nach der Totgeburt ihres Kindes im Spital Wil im Jahr 2007. Das Kreisgericht Wil sprach die beiden vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei.

Stethoskop in der Tasche eines Arztes - die beiden Oberärzte wurden vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen (Symbolbild) (Bild: sda)

Der Oberarzt der Anästhesie und die Oberärztin der Gynäkologie tragen keine Mitschuld am Tod einer 34-jährigen Mutter nach der Totgeburt ihres Kindes im Spital Wil im Jahr 2007. Das Kreisgericht Wil sprach die beiden vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei.

Das Gericht folgte am Mittwoch den Anträgen der Verteidigung. Die beiden Oberärzte hätten nichts Vorwerfbares unterlassen, sagte der Gerichtspräsident bei der mündlichen Urteilseröffnung. Die Entscheidungsträgerin sei die Chefärztin Gynäkologie, als behandelnde Ärztin, gewesen.

Diese hatte eine Fehldiagnose gestellt, worauf die Patientin falsch behandelt wurde. Die Chefärztin wurde vom Kreisgericht bereits im Juli wegen fahrlässiger Tötung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Sie akzeptierte das Urteil. Ob sie Chefärztin in Wil bleiben kann, entscheidet der Spitalverwaltungsrat Ende Woche.

Für den Oberarzt der Anästhesie forderte der Staatsanwalt am Dienstag eine bedingte Geldstrafe von 30’000 Franken und eine Busse von 3000 Franken, für die Oberärztin der Gynäkologie eine bedingte Geldstrafe von 81’000 Franken und eine Busse von 6000 Franken.

Ärzte arbeiten nicht mehr in Wil

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Der Staatsanwalt liess offen, ob er die Urteile ans Kantonsgericht weiterzieht. Die beiden Freigesprochenen arbeiten nicht mehr am Spital Wil.

Die Verteidiger der beiden Oberärzte hatten vor Gericht Freisprüche gefordert. Die ganze Verantwortung am Tod der Patientin liege bei der Chefärztin der Gynäkologie am Spital Wil. Unterlassene Zivilcourage sei strafrechtlich nicht relevant.

Die 34-jährige Mutter, eine Bäuerin mit sieben Kindern, hatte im Oktober 2007 ihr achtes Kind während der Schwangerschaft verloren. Sie musste es im Spital Wil tot gebären.

Fatale Komplikationen

Dabei kam es zu Komplikationen: Die Ärzte erkannten einen Gebärmutter-Riss nicht, und die Chefärztin Gynäkologie diagnostizierte fälschlicherweise eine Atomie (fehlendes Zusammenziehen der Gebärmutter).

Die Patientin verlor viel Blut und wurde stundenlang falsch behandelt. Sie erlitt einen Kreislaufschock und Organschädigungen, unter anderem am Herzmuskel. Als die Frau doch noch notfallmässig ins Kantonsspital St. Gallen verlegt wurde, war es zu spät. Sie starb im Kantonsspital.

Am kommenden Dienstag muss sich noch der ehemalige Chefarzt der Anästhesie am Spital Wil wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Ihm werden ebenfalls Fehler vorgeworfen. Die Anklage fordert eine bedingte Geldstrafe von 46’800 Franken und eine Busse von 5000 Franken.

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