Knapp sechs Wochen nach dem Tod einer mehrfach vergewaltigten Studentin in Indien hat der Begleiter der jungen Frau die Angeklagten vor Gericht identifiziert. Der 28-Jährige ist der einzige Augenzeuge der Gruppenvergewaltigung.
Sein Vater sagte am Rande des Prozessauftakts am Dienstag, sein Sohn habe die fünf mutmasslichen Täter wiedererkannt. Der Zeuge erschien am Dienstag vor dem zuständigen Gericht in Neu Delhi im Rollstuhl.
Der junge Mann war am Tatort von den Tätern heftig geschlagen und schwer verletzt worden, wie sein Vater sagte. Vor Gericht habe er auch den Bus identifiziert, in dem sich die Tat zugetragen hatte.
Die 23-jährige Medizinstudentin war Mitte Dezember in Neu Delhi vergewaltigt und schwer misshandelt worden. Sie starb wenige Tage später in einem Spital in Singapur.
Vor dem Schnellgericht in der indischen Hauptstadt wird fünf mutmasslichen Tätern der Prozess gemacht. Ein sechster Verdächtiger, der nach Einschätzung der Ermittler besonders brutal vorging, ist noch minderjährig. Ein Jugendgericht kann ihn zu maximal drei Jahren Haft verurteilen.
Der Fall hatte in Indien zu Protesten und einer gesellschaftlichen Debatte über die im Land alltägliche Gewalt gegen Frauen geführt. Auch international hatte das bestialische Verbrechen Entsetzen hervorgerufen.
Für unschuldig erklärt
Die fünf erwachsenen Angeklagten haben sich im Vorverfahren für unschuldig erklärt. Die Staatsanwaltschaft soll allerdings erdrückende Beweise haben. So sollen Ermittler unter anderem Blutspuren des Opfers auf der Kleidung der Männer gefunden haben. Insgesamt will die Anklage mehr als 80 Zeugen laden.
Wann es zu einem rechtskräftigen Urteil kommen wird, ist nicht absehbar. Gegen eine Entscheidung des Schnellgerichts können die Männer in Berufung gehen. Sollten sie zum Tode verurteilt werden, können sie ein Gnadengesuch beim Präsidenten stellen.
Gesetze verschärft
Unmittelbar vor Beginn des Prozesses hatte die indische Regierung die Strafen für sexuelle Gewalttäter verschärft. Nach einer entsprechenden Rechtsverordnung können Vergewaltiger nun in besonders schweren Fällen zum Tode verurteilt werden. Auch Wiederholungstätern droht der Galgen.
Die fünf erwachsenen Angeklagten – ein Busfahrer und dessen Bruder, ein Obsthändler, ein Fitnessstudiotrainer und ein Putzmann – gestanden kurz nach ihrer Festnahme bei der Polizei. Demnach begaben sie sich am 16. Dezember angetrunken auf eine „Vergnügungsfahrt“ mit einem Privatbus und hielten nach einem Mädchen Ausschau, wie es in dem Polizeibericht an das Gericht heisst.
Nach der Gruppenvergewaltigung sollen die Beschuldigten versucht haben, die Opfer mit dem Bus zu überrollen, um nicht von ihnen identifiziert werden zu können. Die Verteidigung beschuldigte die Polizei, die Geständnisse unter Folter erzwungen zu haben. Das Gericht liess laut Anwälten zwölf Anklagepunkte zu, darunter Mord, Gruppenvergewaltigung, Entführung und die Vernichtung von Beweisen.