Des einen Leid, des andern Freud: Während sich manche Menschen gerne im Schnee tummeln würden statt im Grünen spazieren zu gehen, beschert das milde Weihnachtswetter Wildtieren einen gedeckten Tisch.
Vögel finden genügend Nahrung, wenn keine dicke Schneedecke liegt und die Böden nicht gefroren sind. Dass es hierzulande und in anderen Gebieten Europas zurzeit genug zu fressen gibt, beeinflusst vor allem Kurzstreckenzieher wie Stare oder Feldlerchen, wie Michael Schaad von der Schweizerischen Vogelwarte Sempach der Nachrichtenagentur sda sagt.
Weniger Schellenten und Sturmmöwen
Diese Vögel bleiben heuer vermehrt in der Schweiz anstatt gen Süden zu ziehen. «Sie können auch noch in andere Gebiete ausweichen, wenn der Winter im Januar oder im Februar kommt.» Umgekehrt sind Wasservögel, die üblicherweise auf Schweizer Gewässern überwintern, seltener zu sehen, wenn auch im Norden der Winter warm ist und sie dort genügend Nahrung finden.
«Weniger Gänse, Enten und Möwen sind damit gezwungen, den weiten Weg in die Schweiz zu fliegen», sagt Schaad. Etwa Schellenten sind heuer weniger oft zu sehen. Die Freiwilligen im Dienst der Vogelwarte sichteten auch weniger Sturmmöwen als üblich. Normalerweise überwintern rund eine halbe Million Wasservögel in der Schweiz.
Vögel brüten nicht vorzeitig
Auch wenn das Weihnachtswetter Frühlingsgefühle weckt: Zum vorzeitigen Brüten bringen die warmen Temperaturen die Vögel nicht. Grund sind die kurzen Tage: «Die Hormone der Vögel werden von der Tageslänge gesteuert», führt Schaad aus.
Für die Jahreszeit ungewohnte Vogelstimmen sind aber zuweilen zu hören: «Eine Kohlmeise, die hier überwintert, kann schon einmal einen Reviergesang anstimmen.» Der melodiöse Gesang von Amseln kann in Städten selbst an Weihnachten gehört werden.
«Zu viel Licht bringt den Hormonhaushalt durcheinander und die Vögel beginnen zu singen», sagt Schaad. Diese Hormonschübe seien aber nach drei, vier Tagen meist wieder vorbei. Die Vogelwarte werde wegen im Winter singender Amseln immer wieder angerufen.
Vorratskammer für Igel
Doch auch am Boden freuen sich Tiere über das derzeitige Wetter. Igel, die noch nicht im Winterschlaf sind, finden in naturnah gestalteten Gärten genügend Futter. «Selbst spät im September geborene Jungtiere haben eine Chance, durch den Winter zu kommen,» sagt Bernhard Bader, Geschäftsleiter von Pro Igel.
Als Vorratskammern dienen den Igeln zum Beispiel liegen gelassene Laubhaufen. «Darin gibt es Insekten.» Untergewichtige hilfsbedürftige Tiere gehören aber in die Hände von Fachleuten, wie Bader sagt. Hilfe bieten die regionalen Igelstationen. Häufig genüge es schon, den Igel kurzfristig mit Katzenfutter zu unterstützen.
Gesunde junge Igel könnten pro Woche 100 Gramm an Gewicht zulegen, sagt Bader. Und mit einem halben Kilogramm Körpergewicht könnten die jungen Stacheltiere dann auch überwintern. Dennoch hofft Bader, dass der Winter doch noch kommt und die Igel sich zur Winterruhe begeben. Voraussetzung ist eine Woche mit Temperaturen von unter fünf Grad.