In der fünften Nacht in Folge haben sich Polizei und Demonstranten in der nordirischen Hauptstadt Belfast gewaltsame Auseinandersetzungen geliefert. Die Polizei setzte in der Nacht zu Dienstag Wasserwerfer und Gummigeschosse gegen aufgebrachte Demonstranten ein.
Rund tausend Menschen protestierten am Montagabend zunächst friedlich vor dem Rathaus, während der Stadtrat erstmals wieder seit seinem umstrittenen Flaggen-Beschluss tagte.
Zu den neuerlichen Ausschreitungen kam es, als rund 250 pro-britische Protestanten auf dem Rückweg vom Rathaus auf katholischen Republikaner stiessen. Die Polizei versuchte, beide Gruppen auseinanderzuhalten. Auf die Beamten auf der Newtownards Road hagelte es Steine und Brandsätze.
Umstrittener Flaggen-Entscheid
Die Proteste im zu Grossbritannien gehörenden Nordteil der irischen Insel richten sich gegen eine Entscheidung des Stadtrats von Belfast vom 3. Dezember, die britische Flagge nicht mehr jeden Tag über dem Rathaus wehen zu lassen. Dagegen wehren sich pro-britische Protestanten.
Sie sehen darin ein zu grosses Zugeständnis an die nach einem vereinten Irland strebenden katholischen Republikaner. Beratungen von Politikern und Kirchenvertretern darüber, wie die Gewalt gestoppt werden könnte, waren bislang erfolglos geblieben.
Aufrufe und Vorwürfe
Robin Newton von der Democratic Unionist Party (DUP) rief zu Besonnenheit auf. „Wir müssen einen Weg finden, um da herauszukommen, aber wie wir das machen, weiss ich nicht“, sagte er und verwies darauf, dass von den Demonstranten keine klaren Forderungen erhoben würden.
Michael Copeland von der Ulster Unionist Party (UUP) sagte, es gebe unter den Demonstranten keinen Ansprechpartner. Polizeichef Matt Baggott warf der paramilitärischen Ulster Volunteer Force vor, die Gewalt zu steuern.
Fünfte Gewaltnacht
Bereits seit Donnerstag hatte es in den Nächten in Belfast Ausschreitungen mit teils mehreren hundert Demonstranten gegeben. Nach Angaben der Polizei wurden bislang mehr als 50 Beamte verletzt, zudem gab es 70 Festnahmen.
Einige Beamte berichteten, sie seien von Demonstranten unter Beschuss genommen worden. Ein 38-jähriger Mann wurden wegen des Verdachts auf versuchten Mord festgenommen.
In drei Jahrzehnten gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen London-treuen Protestanten und den nach einem vereinten Irland strebenden Katholiken wurden rund 3500 Menschen getötet. Mit dem Friedensabkommen vom Karfreitag des Jahres 1998, das die Machtteilung zwischen Protestanten und Katholiken vorsieht, wurde der Nordirland-Konflikt weitgehend beendet.