Für eine Reise im Kopf brauchen sie den Seatbelt nicht zu fasten

Urlauber sehen jung und weltgewandt aus, wenn sie von den Ferien berichten. Ein kurzes Wedeln überm Bildschirmchen und 30000 Bilder laufen los. Die Zuhausegebliebenen, zu denen ich mich zähle, sehen dann mit ihren 3 Balkonabenteuern (Ich habe ein Edelweiss gepflanzt. Habe ihm beim Wachsen zugeschaut. Es hat gehagelt.) – regelmässig alt aus. «Ich hab ein […]

Männerträume

Urlauber sehen jung und weltgewandt aus, wenn sie von den Ferien berichten. Ein kurzes Wedeln überm Bildschirmchen und 30000 Bilder laufen los. Die Zuhausegebliebenen, zu denen ich mich zähle, sehen dann mit ihren 3 Balkonabenteuern (Ich habe ein Edelweiss gepflanzt. Habe ihm beim Wachsen zugeschaut. Es hat gehagelt.) – regelmässig alt aus. «Ich hab ein Foto … » galt früher als eine Einladung der Heimgekehrten zum Dia-Abend. (Da pflanzen wir Brasilien einen biologischen Baum. Da hagelt es in Mali.) Heute artet jede x-beliebige Begegnung mit diesem Wedeln zu einer Antrittsvorlesung aus.

Urlauber sehen jung und weltgewandt aus, wenn sie von den Ferien berichten. Ein kurzes Wedeln überm Bildschirmchen und 30000 Bilder laufen los. Die Zuhausegebliebenen, zu denen ich mich zähle, sehen dann mit ihren 3 Balkonabenteuern (Ich habe ein Edelweiss gepflanzt. Habe ihm beim Wachsen zugeschaut. Es hat gehagelt.) – regelmässig alt aus. «Ich hab ein Foto … » galt früher als eine Einladung der Heimgekehrten zum Dia-Abend. (Da pflanzen wir Brasilien einen biologischen Baum. Da hagelt es in Mali.) Heute artet jede x-beliebige Begegnung mit diesem Wedeln zu einer Antrittsvorlesung aus.
Am besten schützt man sich dagegen, indem man selber wedelt. Bloss: Wie kommen wir, die Zuhausegebliebenen, so rasch fotografisch um die halbe Welt, ohne auf Flügen abwechselnd drängeln, stehen, ausziehen und quetschen zu müssen? Wo bucht man in Basel am Nachmittag, und sitzt am Abend schon wieder am Rhein? Im Kino.

Hier  die Tipps, wie sie ihren Fotospeicher füllen können: Ziehen Sie den Kulturkampf im Gebirge vor, buchen Sie „Escape from Tibet“. Dort können Sie ihre Fotos mit etwas Freiheitssehnsucht über Fünftausend Metern aufpeppen. Das urlaubliche Weltverbessern wird Ihnen entschieden mehr Spass machen, wenn Sie sich dabei keine Blasen holen.
A propos Blasen: Im Kleinbus unterwegs durch Frankreich können Sie in „Hasta la Vista“ sein. Mit drei lebensfrohen, behinderten Männern auf dem Rücksitz durchqueren sie Frankreich, mit dem erklärten Ziel, an der spanischen Küste einen Puff zu besuchen – ein Ziel, das nicht so weit von unbehinderten männlichen Traumzielen entfernt sein dürfte, aber hier wesentlich mehr Tiefsinn vermittelt.

Ebenfalls in Spanien können Sie in „Sleep tight“ Zeuge sein, wie sich ihr scheinbar ganz gewöhnliches Wohnhaus in eine Horrorklinik verwandelt. Sie werden sich zum Schluss Ihrer Reise in einen kompletten Irrsinn verwickelt sehen.  Dafür brauchen Sie aber nicht wirklich 7 schlaflose Nächte in einem abgelegenen Bungalow in Aurora zu verbringen, wo sie den Schlüssel viermal hinter sich drehen, wenn Sie nur mal rasch im Zimmer die Sonnencreme holen wollen.
Mögen Sie Hotels mit persönlicher Atmosphäre, buchen Sie rasch das „Best Exotic Marigold Hotel”. Der Fehler, einen Blick in die Küche geworfen zu haben, wird ihnen da beim Essen nicht aufstossen.

Derart ausgerüstet können Daheimgebliebene ihr Urlaubslatein aufrüsten. Ausserdem sehen Sie den Zeiten gelassener entgegen, wo Rückkehrer nach vier Wochen einen vierwöchigen Ferienfilm herunterwedeln. Sie wissen dann zumindest, wie man sowas auf neunzig Minuten zusammenkürzt.

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