Wählt das Volk die Bundesräte direkt, müssten diese teuren Dauerwahlkampf betreiben, statt Kompromisse zu suchen. Die Volkswahl des Bundesrates, über die am 9. Juni abgestimmt wird, würde der Demokratie aus Sicht der Regierung einen schlechten Dienst erweisen.
Justizministerin Simonetta Sommaruga und Ständeratspräsident Filippo Lombardi eröffneten am Dienstag den Abstimmungskampf gegen die SVP-Volksinitiative für die Volkswahl des Bundesrates. Gute Bundesrätinnen und Bundesräte gäbe es weiterhin, zeigten sie sich überzeugt. Das Regieren würde aber schwieriger, was für das politische System negative Folgen hätte.
Im Ringen um Popularität könnten Regierungsmitglieder versucht sein, ihre Geschäfte stets danach zu beurteilen, ob sie ihre Chancen auf Wiederwahl erhöhen oder mindern, sagte Bundesrätin Sommaruga. Die Frage, was im Interesse des Landes steht, könnte in den Hintergrund treten. Dafür würde die finanzielle Komponente wichtiger; ein Wahlkampf muss schliesslich bezahlt werden.
Das Parlament, das heute die Bundesräte wählt, würde bei Annahme der Initiative an Einfluss verlieren. Das eingespielte Verhältnis zwischen politischen Gewalten gerate damit aus dem Gleichgewicht, hielt der Tessiner CVP-Ständerat Filippo Lombardi fest. Die Zusammenarbeit zwischen Parlament und Regierung würde schwieriger.
Kompliziert und diskriminierend
Kritisch beurteilen die beiden auch die vorgesehene Quotenregelung, welche der lateinischen Schweiz zwei der sieben Sitze garantieren soll. Sie sei kompliziert, da in mehrsprachigen Regionen und Städten die Wählerinnen und Wähler der einen oder anderen Sprachgruppe zugeteilt werden müssten.
Als Verlierer des Modus sieht der Bundesrat das Tessin, da die französisch- und italienischsprachigen Minderheiten in den gleichen Topf geworfen werden. Das Tessin könnte sich kaum gegen die viermal grössere Romandie durchsetzen. Gar nicht berücksichtigt wird die rätoromanische Minderheit.
Die SVP-Initiative entstand als Reaktion auf die Abwahl von SVP-Bundesrat Christoph Blocher 2007. Die Partei will damit die Volksrechte stärken. Nach der Initiative soll der Bundesrat im Majorz-Verfahren gewählt werden. Die Wahl würde alle vier Jahre gleichzeitig mit der Nationalratswahl stattfinden. Bei Rücktritten käme es zu einer Ersatzwahl.