Die Türkei hat nach Informationen aus G20-Kreisen wenig Aussichten, von den 20 grossen Schwellen- und Industrieländern volle Unterstützung für das harten Vorgehen nach dem Putschversuch zu erhalten.
Ein hochrangiger G20-Vertreter sagte am Samstag am Rande des Treffens der Finanzminister und Notenbankchefs im chinesischen Chengdu, im Kommunique werde sich wohl nur eine Formulierung finden, in der das grosse Interesse der G20 an einer stabilen Türkei geäussert werde.
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble kündigte an, er wolle noch mit dem türkischen Vize-Ministerpräsidenten Mehmet Simsek am Rande der Konferenz zusammentreffen. Dabei werde er ihm gegenüber die Sorge äussern, dass in der Türkei der Rechtsstaat unter die Räder kommen könnte.
Simsek hatte zuvor auf einem G20-Steuersymposium angekündigt, in seinem Lande würden die demokratischen und rechstaatlichen Prinzipien weiter geachtet. «Wir werden fortfahren, weiterhin entschieden an den demokratischen Prinzipien festzuhalten», versicherte Simsek.
Die Regierung werde auch Rechtsstaatlichkeit wahren. «Es hat sich eigentlich nicht viel geändert», versicherte der türkische Politiker. Auch andere G20-Staaten hätten in Bedrohungslagen den Ausnahmezustand verhängt, fügte er hinzu.
Gerüstet für Brexit
Auch andere Themen beschäftigen die G20-Gruppe. So sieht sich diese gut aufgestellt, um die wirtschaftlichen Folgen des britischen Brexit-Votums zu bewältigen. «Der Ausgang des Referendums über die EU-Mitgliedschaft hat zu weiteren Unsicherheiten in der globalen Wirtschaft beigetragen», heisst es in einem Entwurf des G20-Communiqués, das der Nachrichtenagentur Reuters am Samstag vorlag.
Mit möglichen wirtschaftlichen und finanzpolitischen Konsequenzen der Entscheidung in Grossbritannien könnten die Mitgliedsländer aber umgehen. «Wir hoffen, dass Grossbritannien auch künftig ein enger Partner der EU bleibt», versichern die G20-Länder in der Erklärung.
Kritisch merkten die Staaten der Gruppe an, dass der wirtschaftliche Aufschwung in der Welt schwächer als gewünscht verlaufe. Das Wachstums müsste generell breiter zwischen den Ländern verteilt werden, damit möglichst viele daran teilhaben könnten. Die Risiken für die Weltwirtschaft, auch aus dem politischen Raum, nähmen drastisch zu.
Als Beispiele wurden die Flüchtlingskrise, der Terrorismus oder geopolitische Konflikte, etwa im Nahen Osten, genannt. Die G20 versichern, alle Anstrengungen zu unternehmen, um mehr Vertrauen in der Wirtschaft zu schaffen und das Wachstum auf nachhaltiger Basis zu fördern.
Strukturpolitik nutzen
Die G20-Gruppe will die Steuerpolitik stärker zur Förderung von dauerhaftem Wachstum nutzen. Grundsätzlich müssten zur Erreichung dieses Ziels alle Politikfelder genutzt werden – die Geld-, die Finanzpolitik und die Strukturpolitik. Die Geldpolitik alleine könne die Probleme nicht bewältigen. Eine entscheidende Rolle komme daher den Strukturreformen zu.
Die G20 erneuerte ihre Zusicherung, sich jedes Abwertungswettlaufs bei ihren Währungen zu enthalten und keine gezielte Wechselkursbeeinflussung zu betreiben, um sich damit Handelsvorteile zu sichern.