G20 will Wachstum mit privaten Investitionen forcieren

Die grossen Industrie- und Schwellenländer wollen der stotternden Weltkonjunktur einen neuen Schub verleihen. Dazu sollen neben Strukturreformen vor allem verstärkte Investitionen aus der Privatwirtschaft beitragen, zum Beispiel in Verkehrs- und Kommunikationsnetze.

Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds IWF (Bild: sda)

Die grossen Industrie- und Schwellenländer wollen der stotternden Weltkonjunktur einen neuen Schub verleihen. Dazu sollen neben Strukturreformen vor allem verstärkte Investitionen aus der Privatwirtschaft beitragen, zum Beispiel in Verkehrs- und Kommunikationsnetze.

Darauf verständigten sich die Finanzminister und Notenbankchefs der G20-Staatengruppe am Sonntag im australischen Cairns. Ausserdem vereinbarten sie erste konkrete Schritte, um die Steuerflucht multinationaler Konzerne einzudämmen. Das Treffen sollte den G20-Gipfel im November vorbereiten.

Im Zentrum steht ein Aktionsplan zur Ankurbelung der Wirtschaft. «Investitionen sind entscheidend, um die Nachfrage zu stärken und damit das Wachstum anzuheben», hiess es in der Abschlusserklärung der Konferenz. «Strukturreformen werden in Verbindung damit wichtig sein.» Bis 2018 soll das globale Wachstum um 2 Prozentpunkte beschleunigt werden, wie die Minister bekräftigten.

Die bisher avisierten Massnahmen könnten bereits für ein Plus von 1,8 Prozentpunkten sorgen. Die verbliebene Lücke soll bis zum Treffen der Staats- und Regierungschefs in zwei Monaten geschlossen werden. «Wir haben die Möglichkeit, die Geschicke der globalen Wirtschaftsentwicklung zu ändern», sagte Australiens Finanzminister Joe Hockey.

Schäuble gegen höhere Defizite

Die Beschlüsse seien ein wichtiger Baustein zur Stabilisierung der Weltwirtschaft, sagte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble. Er fügte allerdings hinzu, nachhaltiges Wachstum könne nur auf Basis von Strukturreformen und einer soliden Finanzpolitik gesichert werden.

Forderungen nach kurzfristigen Ausgabenprogrammen wies er zurück. Die G20-Gruppe sei sich weithin einig gewesen, dass es dafür kaum Spielräume in den Haushalten gebe. «Hohe Defizite führen nicht zu höherem Wachstum», unterstrich Schäuble.

Vor allem die USA fordern Deutschland regelmässig dazu auf, mit staatlichen Geldern die Konjunktur in Schwung zu bringen. Schäuble sagte, Deutschland und das schwache Wachstum in Europa hätten bei dem Treffen nicht im Vordergrund gestanden.

Private Investitionen anzapfen

Einig waren sich die G20-Staaten, dass zur Forcierung des Wachstums insbesondere eine stärkere Mobilisierung privater Investitionen erforderlich sei. Im Blick haben sie hauptsächlich den Infrastrukturbereich.

Schäuble führte aus, es gebe weltweit und auch in Deutschland genügend Kapitalgeber, die nach rentablen Anlagemöglichkeiten suchten. Um diese Investoren vermehrt anzulocken, soll etwa die Transparenz von Bauprojekten erhöht werden.

Der Euro-Rettungsfonds ESM sei aber für Konjunkturmassnahmen tabu: «In erster Linie ist der Fonds dafür da, dass er nicht gebraucht wird und Vertrauen schafft», sagte Schäuble. «Mit der Finanzierung von Investitionen hat das nichts zu tun.»

Kampf gegen Steuerschlupflöcher

Zweiter Schwerpunkt des Ministertreffens war der Kampf gegen die Steuerflucht grosser Konzerne. Die G20-Vertreter stimmen einem ersten Vorschlagspaket der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) zu.

Damit sollen Schlupflöcher geschlossen werden, die sich viele international tätige Grossunternehmen zunutze machen. Ihnen gelingt es, mit – ganz legalen – Gewinnverschiebungen zwischen verschiedenen Ländern ihre Steuerlast auf ein Minimum zu drücken.

Dies hat vielerorts für Empörung gesorgt. In der Kritik stehen etwa die Internetkonzerne Amazon und Google sowie der US-Kaffeeröster Starbucks. Ziel der OECD ist es, dass Unternehmen, Einrichtungen und Privatpersonen ihre Steuern dort zahlen, wo sie ihr Geld verdienen.

«Wir haben weitreichende Initiativen gebilligt, um Steuersünder durch automatischen Informationsaustausch aufzuspüren», sagte Hockey. Bis 2018 soll der Datenaustausch untereinander so funktionieren, dass keine grosse Firma durch Gewinnverlagerungen mehr Steuern umgehen kann.

Bis Ende 2015 soll das Gesamtpaket stehen. Knapp die Hälfte der 15 Massnahmen steht. Ziehen alle OECD- und G20-Länder bei der der Initiative gegen Gewinnverlagerungen und Steuerverkürzungen (BEPS) mit, werden etwa 90 Prozent der Weltwirtschaft erfasst.

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