Im Tessin zeichnet sich eine historisch schlechte Kastanienernte ab. Die Gallwespe hat dafür gesorgt, dass die Erträge an den Sammelstellen in diesem Jahr gegen Null tendieren. Die Hoffnung des Kantons ruht gemäss Umweltamt nun auf einem zweiten Parasiten.
Bisher sehe es so aus, als ob die Kastanienernte komplett ausfalle, sagte der Tessiner Unternehmer Paolo Bassetti, Hauptabnehmer von Kastanien der diversen Sammelstellen im Kanton. «Es ist ein Desaster. » Für die Weiterverarbeitung beispielsweise zu Kastanienmehl oder weiteren Produkten fehlten bisher die Kastanien.
Schon im vergangenen Jahr sei die bei ihm von Landwirten oder privaten Sammlern abgelieferte Ernte mit zehn Tonnen mager ausgefallen, sagte Bassetti. In den Jahren zuvor habe der durchschnittliche Ertrag bei 30 bis 40 Tonnen gelegen, im Jahr 2006 seien es sogar 60 Tonnen gewesen.
Gallwespe im Jahr 2009 entdeckt
Der Unternehmer ist durch die diesjährige negative Bilanz aber nicht überrascht worden. Schon im Frühjahr habe sich aufgrund des Schädlingsbefalls eine schwierige Saison abgezeichnet, sagte er. Im Jahr 2009 sei die Edelkastanien-Gallwespe zum ersten Mal im Tessin entdeckt worden. Das bestätigte auch Giorgio Moretti vom kantonalen Umweltamt.
Die ersten Schäden seien damals im Mendrisiotto, im Südtessin, aufgetaucht. Inzwischen seien alle Regionen betroffen. Die ursprünglich aus Asien, nachfolgend aus Italien, eingeschleppte Gallwespe habe sich mit relativ hoher Geschwindigkeit, etwa 25 Kilometer pro Jahr, ausgebreitet. Rund ein Jahr dauere es jeweils, bis der Befall am Baum sichtbar werde.
Wucherungen an den Ästen
Die Gallwespe trägt ihren Namen, weil sie an den Ästen der Kastanienbäumen so genannte Gallen, sprich Wucherungen, verursacht. Diese entstehen, wenn sich in den Knospen aus den dort abgelegten Eiern Larven heranbilden. Die Pflanzen sterben nicht ab, aber ihre Produktivität und ihre Widerstandsfähigkeit werden stark gemindert.
Gemäss Tessiner Umweltamt gibt es keine konkreten Gegenmassnahmen. Befürchtet wird, dass die geschwächten Bäume durch widrige Wetterbedingungen wie Trockenheit oder Kälte zusätzliche Schäden erleiden könnten. Die einzige Hoffnung ruhe nun auf einem weiteren Parasiten.
Natürlicher Feind als Gegenmittel
Gezielte Untersuchungen hätten ergeben, dass aus dem italienischen Piemont ein Insekt ins Tessin einwandere, das sich in Italien und Asien bereits als Feind der Gallwespe bewährt habe. Dieser Parasit mit dem Namen «Torymus sinensis» wirke wie ein Gegenmittel, da er die Larven in den Gallen abtöte und so die Ausbreitung der Gallwespe eindämme.
Die Fachleute vom Kanton gehen aber davon aus, dass es bis zu zehn Jahre dauern könne, bis im Tessin ein Effekt zu spüren sei. Gemäss Umweltamt würde die Situation laufend untersucht.