Ein ehemaliges Regierungsmitglied des afrikanischen Staats Gambia hat in der Schweiz ein Asylgesuch gestellt. Laut der Sendung «Rundschau» des Schweizer Fernsehens SRF handelt es sich um Ex-Innenminister Ousman Sonko.
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) bestätigte am Mittwoch auf Anfrage, dass ein ehemaliges Mitglied der gambischen Regierung ein Asylgesuch gestellt habe. Es nannte aber keinen Namen.
Der bernische Polizei- und Militärdirektor Hans-Jürg Käser sagte auf Anfrage, es handle sich um den ehemaligen Innenminister. Der Bund habe dem Kanton Bern am 14. November einen Mann zugewiesen, der laut Befragungsprotokoll von 2006 bis 2016 gambischer Innenminister gewesen sei.
Dieser Mann habe angegeben, er sei vom kürzlich ins Exil gegangenen Präsidenten Yahya Jammeh des Amtes enthoben worden. Danach sei er geflüchtet. Der Mann habe einen Diplomatenpass präsentiert und habe sich zumindest am Dienstag noch in einem Durchgangszentrum im bernischen Seeland befunden.
Laut den Nachrichtenagenturen Reuters und dpa gibt es in Gambia auch einen Polizeichef namens Ousman Sonko. Dieser Mann wurde erst vor ein paar Tagen mit den Worten zitiert, er werde keine Befehle mehr von Jammeh entgegennehmen. Gambias Langzeitherrscher hatte sich trotz Wahlniederlage im Dezember geweigert, die Macht abzugeben. Vor ein paar Tagen verliess er das Land dann aber schliesslich doch.
Darauf angesprochen sagte Käser, beim Polizeichef müsse es sich wohl um einen Mann mit gleichem Namen handeln.
Verantwortlich für Hinrichtungen?
Käser äusserte sein Erstaunen darüber, dass der Bund solche Personen «wie irgendjemand sonst» den Kantonen zuweise. Die «Rundschau» schreibt auf ihrer Internetseite, Innenminister Sonko sei bis vor kurzem eine «Schlüsselfigur des repressiven Regimes in Gambia» gewesen.
Sonko solle willkürliche Verhaftungen, Folter und aussergerichtliche Hinrichtungen von Regierungskritikern kommandiert haben. Der gambische Menschenrechtsanwalt Yankuba Darbeo halte Sonkos persönliche Verantwortung für Menschenrechtsverletzungen unter Jammeh für gegeben.
In einem Länderbericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von vergangenem August ist die Rede von der Verfolgung von Mitgliedern der United Democratic Party durch die Regierung. Auch sei die Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit stark eingeschränkt.
Anfang Januar dieses Jahres floh der Chef der gambischen Wahlkommission ins Ausland, weil er Repressionen des inzwischen abgesetzten Jammeh fürchtete. Zuvor hatte dieser Mann die Wahlniederlage Jammehs verkündet.
Wenn eine Person in der Schweiz ein Asylgesuch stelle, sei das SEM gesetzlich verpflichtet, dieses entgegenzunehmen und zu prüfen. Das sagt SEM-Sprecher Martin Reichlin auf Anfrage zu den Aussagen Käsers und den Angaben der «Rundschau».
Das Einreichen eines Asylgesuchs bedeute aber weder, dass eine Person auf Dauer in der Schweiz verbleiben, noch dass sie sich einer gesetzlich vorgesehenen Strafverfolgung entziehen könne. «Ergeben sich im Rahmen eines Asylverfahrens Hinweise auf Täter, Opfer oder Zeugen von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, meldet das SEM diese den zuständigen Stellen.»
Viele Asylgesuche aus Gambia
Laut der Asylstatistik 2016 beantragten im vergangenen Jahr 1054 Gambierinnen und Gambier Asyl in der Schweiz. Das kleine Land belegte damit in der Rangliste der Länder mit den meisten in der Schweiz eingereichten Asylgesuchen pro Nation Rang acht, noch vor Äthiopien.
Im Vergleich zu 2015 stieg im vergangenen Jahr die Zahl der in der Schweiz eingereichten Asylgesuche von Gambiern um neun Prozent.