Alle Welt redet jetzt über die neue Nintendo Switch. Doch vergessen Sie die Hightech-Kisten: Die beste Konsole ist immer noch die Nintendo 64. Im März feiert sie ihren 20. Geburtstag.
Zugegeben: Auf dem LCD-Fernseher der neusten Generation besticht die Grafik nicht mehr ganz so wie damals in den 90ern. Nicht zu sprechen von der extremen Trockenheit, die die Netzhaut nach nur wenigen Minuten heimsucht, wenn sich jeder Pixel einzeln ins Sehzentrum bohrt – doppelter Bildschirmdurchmesser sei dank. Aber diese Qualen muss man durchstehen, denn wir sprechen hier von der genialsten Spielkonsole aller Zeiten: die Nintendo 64.
Die Unkomplizierte
Vergessen Sie die Hightech-Kisten, mit welchen Nintendo und Konsorten heutzutage grossmäulig den Markt bestellen – gerade wieder zu erleben bei der neusten Konsole, der Nintendo Switch. Sie verfügen weder über die materielle Beständigkeit, noch versprechen sie den Spielspass, den die N64 bietet. Dazu kommt die unkomplizierte Bedienung: Spielkassette rein, anschalten, los gehts. Keine nervenraubenden Ladezeiten, kein Verbinden mit leicht zu hackenden Servern.
Mit diesen Qualitäten spielte sich die Konsole in die Herzen der Gamer-Community – und zwar bis heute: GameStop, ein internationaler Verkaufsriese der Unterhaltungseletronik, fragte seine Kunden, welche Retro-Konsole ihnen 2016 die liebste sei. Und jetzt raten Sie mal, wer die Liste anführt.
Fragen Sie nicht, wieso ich mit einer Pappfigur Mario Kart spiele. Und wieso ich nur auf dem dritten Platz bin. (Bild: Dominic Willi)
Die Spielehersteller sahen das anno dazumal jedoch anders: Im Vergleich mit den Computerspielen schnitt die Konsole in Sachen Speicherkapazität und Spielprogrammierung schlecht ab, und wurde deshalb nur am Rande gewürdigt.
Spiele, von denen man heute nur noch träumen kann
Aber was für Perlen wurden uns da aufgetischt: Mario Kart, 007 Golden Eye, Super Smash Brothers, The Legend of Zelda: Ocarina of Time – und Nintendos Schützling der ersten Stunde, unser italienischer Kumpel Mario, der erstmals durch die dritte Dimension hüpfte.
Alles Spiele, die auch noch heute funktionieren – und das ist die grösste Errungenschaft unserer elektronischen Ur-Oma. Erinnerungen aus Kindheit und Jugend werden wiedererweckt, sobald man die unförmigen Controller in den Händen hält. Sprüche wie: «Wehe, jemand bricht das Rennen ab», oder: «Mein A-Knopf klemmt, was soll der Scheiss!» fielen damals und fallen heute. Und wer glitcht – also einen Grafik- oder Programmierfehler zu seinen Gunsten ausnutzt – erklimmt auch im 2017 noch den Olymp aller Konsolisten.
Diese Migros-Tüte wurde hart erarbeitet. (Bild: Ronja Beck)
Ein Olymp, den die japanische Firma Nintendo massgeblich mitaufschüttete. Den Anfang machte das «Nintendo Entertainment System», kurz NES, welche zwischen 1983 und 1986 weltweit veröffentlicht wurde. Man wollte den Amerikanern von Atari Paroli bieten; zeigen, dass man nicht geschlafen, sondern getüftelt hatte. Der Schlag, der folgte, war heftig: Mit gegenwärtig 60 Millionen verkauften Einheiten übertrifft Nintendo die westliche Konkurrenz um das Doppelte. Erst kürzlich wiederholte sich das Spektakel im kleineren Rahmen, als Nintendo eine Miniatur-Version ihrer NES auf den Markt brachte – der rasche Ausverkauf schien praktisch programmiert.
Anfang der Neunziger kam dann die SNES – die jüngere und etwas gewitztere Schwester der NES, die sich das Anhängsel «Super» verdiente. Die Verkaufszahlen wurden durch die Rezession in Japan gedämpft, doch global gesehen war auch Nintendos Zweite ein Erfolg.
Bist du das, Pierce?
Und dann kam sie, unsere Nintendo 64.
Klar, die NES und SNES hatten wir – oder besser unsere Eltern – uns auch gekauft. Und wir staunen heute noch darüber, wie wir mit einer Plastikpistole auf den Fernseher zielen konnten und damit tatsächlich die pixeligen Enten trafen, die daraufhin wild flatternd zu Boden stürzten. Aber das ist Pipifax gegenüber dem, was uns die N64 erleben liess. Wie wir dank ihr auf Snowboards durch verschneite Berge brettern durften. Oder in die Haut von 007 Pierce Brosnan schlüpften (den man im Spiel doch tatsächlich wiedererkannte!).
Also, ihr hellen Köpfchen von Nintendo, nun wisst ihr, was ihr als Nächstes zu tun habt: Holt die N64 wieder aus dem von euch geschaufelten Grab. Und erspart uns damit das mühsame Wettbieten um unverschämt teure Spielkassetten auf Ricardo – auch wenn sich der Preis lohnt.