Die Untersuchungen in der Affäre Thorberg haben erste Konsequenzen. Der abgesetzte Gefängnisdirektor Georges Caccivio muss seinen Posten räumen.
«Das Kündigungsverfahren wurde am Freitag eröffnet», bestätigte der Sprecher der Berner Kantonsregierung, Christian Kräuchi, einen Bericht der «SonntagsZeitung» auf Anfrage.
Caccivio war vor etwas mehr als einer Woche wegen schwerwiegender Vorwürfe gegenüber seiner Person vorderhand freigestellt worden. Schon rasch machte der politisch verantwortliche Regierungsrat, Hans-Jürg Käser dann klar, dass Caccivio nicht auf seinen Posten zurückkehren werde.
Die Affäre Thorberg schwelt seit vergangenem Sommer – zunächst hinter verschlossenen Türen. Thorberg-Mitarbeitende waren an alt SVP-Nationalrat Hermann Weyeneth getreten und hatten ihm von ihren Bedenken und Vorwürfen gegenüber Anstaltsdirektor Georges Caccivio erzählt.
Weyeneth informierte daraufhin Regierungsrat Käser. Dieser liess die Vorwürfe intern untersuchen und stiess auf «gewisse Schwächen», wie Käser es nannte. Mit internen Massnahmen hätten diese behoben werden sollen.
Kontakte zum Drogensexmilieu und mit Insassen per Du
Ende Januar erhielt die Öffentlichkeit Wind von der Sache. Zunächst hiess es, Caccivio sei mit zwei Insassen per Du und bevorzuge diese. Als Medien zu recherchieren begannen, überschlugen sich plötzlich die Ereignisse.
Über Tage wurden immer neue, pikante Details bekannt, so etwa, dass Caccivio offenbar im Bieler Drogensexmilieu verkehrte und einem Insassen, Spross einer Künstlerfamilie, ein Bild abgekauft hatte. Zudem soll Caccivio ein Dossier manipuliert haben, das Hinweise auf seine Kontakte im Rotlichtmilieu enthielt. Caccivio musste seinen Posten räumen und Käser ordnete eine externe Untersuchung der Vorfälle an.
Zweifel an Anstellungsverfahren
Die Affäre begann sich auszuweiten, denn nicht nur an Caccivio selber, sondern auch an seinem Vorgesetzten Martin Kraemer, dem Vorsteher des bernischen Amts für Freiheitsentzug und Betreuung, wurde Kritik laut. Insbesondere das Anstellungsverfahren Caccivios wurde in Zweifel gezogen.
Caccivio trat seine Stelle 2011 an. Vor seiner Ernennung war er unter anderem sechs Jahre als Stabschef im Amt für Freiheitsentzug und Betreuung tätig. Es hiess, Caccivio sei Kraemers Wunschkandidat gewesen und er habe ihn zwei besser qualifizierten Bewerbern vorgezogen.
Caccivio soll auch die Job-Anforderungen nicht erfüllt haben. Die Berner Behörden suchten in der öffentlichen Ausschreibung für das Amt als Thorberg-Direktor einen Fachmann mit Universitätsabschluss. Caccivio verfügt lediglich über eine KV-Ausbildung mit Weiterbildungen – den Zuschlag erhielt er trotzdem in kürzester Zeit.
Nach Angaben der bernischen Polizei- und Militärdirektion hatte Caccivio während seiner beruflichen Tätigkeit unter anderem den Management-Lehrgang für Beamte am Institut für Kaderschulung in Bern absolviert, den eidg. Fachausweis Führungsfachmann (Schweizerischen Vereinigung für Führungsausbildung) erworben sowie die Führungsausbildung am Schweizerischen Ausbildungszentrum für höhere Kader im Strafvollzug in Freiburg abgeschlossen.
Auch Wahl von Brägger in der Kritik
Kritik am Anstellungsverfahren übte insbesondere Caccivios Vorgänger auf den Thorberg, der ehemalige Anstaltsdirektor Hans Zoss. Er habe seinerzeit ein längeres Anstellungsverfahren durchlaufen, sagte Zoss in einem Interview mit der Zeitung «Der Bund». «Es entsteht nach wie vor der Eindruck, dass dieses Bewerbungsverfahren nicht sauber gelaufen ist.»
Die von Käser angeordnete externe Untersuchung der Vorfälle wurde vor einigen Tagen auch auf das Anstellungsverfahren ausgedehnt. Mit der Untersuchung betraute FDP-Regierungsrat Käser den Strafrechtsexperten Benjamin Brägger. An dieser Wahl wurde ebenfalls Kritik laut. Brägger sei einst als Mitarbeiter der Strafanstalten Witzwil Kraemer unterstellt gewesen. Ausserdem gehöre Brägger wie Käser und Caccivio der FDP an.