Gefahr in Gelb

Unwissenheit schützt vorm Überfahrenwerden nicht: Auf einem Fussgängerstreifen in Basel wäre unsere Autorin, D/CH-Doppelbürgerin, fast verunglückt. Eine Warnung an deutsche Touristen. Ich wurde mit Rolf Zuckowski sozialisiert: Der Hamburger Komponist und Autor vermittelt deutschen Kindern so ziemlich alles, was man zum Überleben braucht. Mein erster Ohrwurm lautete so: «Wo kein Gehweg ist, da geh ich […]

Gefahr in Gelb: Auf einem Zebrastreifen wäre unsere Autorin aus Deutschland in Basel fast verunfallt.

Unwissenheit schützt vorm Überfahrenwerden nicht: Auf einem Fussgängerstreifen in Basel wäre unsere Autorin, D/CH-Doppelbürgerin, fast verunglückt. Eine Warnung an deutsche Touristen.

Ich wurde mit Rolf Zuckowski sozialisiert: Der Hamburger Komponist und Autor vermittelt deutschen Kindern so ziemlich alles, was man zum Überleben braucht. Mein erster Ohrwurm lautete so: «Wo kein Gehweg ist, da geh ich links – da kommen die Autos mir entgegen.» Mein absolutes Lieblingslied aber war «Zebrastreifen». Einfach und eingängig wurde darin das Prinzip des Fussgängerstreifens erklärt. Du trittst an die Strasse, das Auto hält an. «Zebrastreifen, mancher wird dich nie begreifen», hiess es im Refrain. Ich hatte den Streifen schnell begriffen. Wie konnte man ihn auch nicht verstehen? Das Prinzip ist doch so einfach.

Vergangene Woche bin ich in Basel auf einem solchen Fussgängerstreifen fast überfahren worden. Das Prinzip in Deutschland begriffen zu haben, heisst nicht, das Prinzip in der Schweiz zu kennen, weiss ich jetzt. In Deutschland gibt es Zebrastreifen anstelle einer Ampel. Zebrastreifen, amtlich Fussgängerüberwege, bedeuten immer Vortritt für den Fussgänger. Wenn er die Markierung betritt, steht der Verkehr still.

Kürzlich also trete ich aus dem Coop und sehe, dass auf der anderen Strassenseite die Tram (jaja, das Tram) einfährt. Zum Glück ist hier ein Zebrastreifen, realisiere ich. Mit ein bisschen Beeilung kriege ich die Bahn.

Quatsch mit Streifen

Ich laufe los – natürlich nicht, ohne Augenkontakt mit dem Fahrer des sich nähernden Wagens gesucht zu haben. (Auch das hat Rolf Zuckowski mir eingeimpft.) Er bremst und ich sprinte weiter, als plötzlich rechts von mir Reifen quietschen. Geschockt stoppe ich auf dem Streifen. Man hupt mich an. Der Insasse des Quietschautos kurbelt die Fensterscheibe herunter und beginnt, mich wüst zu beschimpfen. (Ich merke das am Tonfall, die Basler Mundart verstehe ich nur, wenn man langsam und deutlich mit mir spricht). Was ich aber wohl höre ist: «…ROT!».

Tatsächlich, die Ampel ist rot – überhaupt gibt es hier eine Ampel, merke ich. Der erste Fahrer hat offenbar nur gebremst, weil er ahnte, dass ich im Begriff war, eine Dummheit zu begehen. Der Fahrer auf der hinteren Spur war weniger vorausschauend. Entschuldigend hebe ich die Arme und überquere vorsichtig den letzten Teil der Fahrbahn. Der Autofahrer flucht weiter. Die Tram fährt ohne mich davon.

Klarer Fall: Die spinnen, die Schweizer. Wer bitte malt einen Fussgängerstreifen, wo es eine Ampel hat? Ich gebe zu bedenken, dass sich beide Systeme ausschliessen. Der Touring Club Schweiz (TCS) listet im Internet die verschiedenen Arten von Fussgängerstreifen auf. Bei «Fussgängerstreifen mit Ampel» steht: «Achtung: Fussgänger haben keinen Vortritt, wenn sie bei Rot die Strasse überqueren – auch nicht auf dem Fussgängerstreifen.»

So wird man in der Schweiz also die Deutschen los!

Lasst doch den Fussgängerstreifen ganz weg, wo es eine Ampel hat, liebe Schweizer. Das spart Farbe und hilft, Irritationen zu vermeiden. In den vergangenen zwei Jahren, zeigt die Statistik, ist die Zahl der Unfälle auf Fussgängerstreifen in der Schweiz deutlich angestiegen. Ich glaube, dass es einen Zusammenhang mit einer anderen Statistik gibt: «Immer mehr Deutsche drängen in die Schweiz.»

Und zum Schluss noch «Zebrastreifen» von Rolf Zuckowski – aber Achtung: das Lied hat Ohrwurm-Qualitäten.

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