Im Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt Marie fordert die Gefangenenorganisation Reform 91 vom Parlament erneut ein eidgenössisches Strafvollzugsgesetz. Damit soll der Strafvollzug transparent und effizient werden.
Im Strafvollzug mangle es nicht an Geld, aber an Effizienz und Nachhaltigkeit, schreibt Reform 91 in einer am Pfingstmontag versandten Eingabe an die eidgenössischen Räte. Der Nationalrat hatte im März 2012 eine Petition mit der gleichen Forderung mit 107 gegen 48 Stimmen abgelehnt.
In Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt Marie erneuert nun die Gefangenenorganisation ihre Forderung. Der «Kompetenzensalat» im Strafvollzug führe dazu, dass «oft die eine Hand nicht weiss, was die andere tut.» Dass da Fehler mit tödlichen Konsequenzen programmiert seien, erstaune nicht, heisst es im Schreiben an die Räte.
Repressives Ordnungsschema
Beim Tötungsdelikt Marie bemängelt die Strafgefangenenorganisation, dass der Täter seine Zeit «nutzlos abgesessen» habe, ohne dass seine Persönlichkeit hinterfragt oder geschult worden sein.
Grundsätzlich müsse sich der Strafvollzug bei der Resozialisierung von der «einseitigen Fokussierung» auf die Arbeitserziehung lösen und stärker in Bildung und psychologische Betreuung investieren.
Zudem werde im Strafvollzug ein «rein repressives Ordnungsschema» durchgesetzt. Dies führe dazu, dass im Gefängnisalltag jene gut davon kommen, die sich äusserlich einer Ordnung fügen können, «mögen sie daneben charakterliche Ekel sein.»
Schlechte psychiatrische Betreuung
Weiter kritisiert Reform 91 die aus ihrer Sicht «schlechte Qualität» der psychiatrischen Betreuung in den Anstalten. Da habe man oft den Eindruck, «dass einfach mal etwas getan wird, weil es so verlangt wurde.» Hier sei dringend Coaching und Professionalität gefragt, damit die Täter tatsächlich «zu einer Wandlung finden.»
Reform 91 wurde vor und 20 Jahren gegründet und versteht sich als Selbsthilfegruppe für Strafgefangene und Randständige. Die Gruppierung wandte sich bereits 2011 mit der Forderung für ein eidgenössisches Strafvollzugsgesetz an die Räte.
Hintergrund war damals der Fall eines als gefährlich geltenden verwahrten Straftäters aus dem Kanton Bern, der im Juni 2011 im Kanton Neuenburg entflohen war.