Am Wochenende wird über die Masseneinwanderungs-Initiative der SVP abgestimmt. Kleinbasler Hausbesitzer kündigen jetzt bereits Massnahmen gegen «Deutsche Schaben» an.
In den letzten Tagen bliesen die politischen Parteien und Verbände zum Endspurt ihrer Kampagne für oder gegen die Masseneinwanderungsinitiative der SVP, über die an diesem Wochenende abgestimmt wird. Die Initiativbefürworter nutzten hierbei geschickt Vorurteile und Ressentiments aus der Schweizer Bevölkerung gegen spezifische Ausländergruppen aus. Unter anderem gegen die Deutschen: «Die angebliche Abwanderung der Deutschen ist reine Propaganda gegen die Masseneinwanderungsinitiative. Die Zahl der Deutschen in der Schweiz nimmt weiter zu», schrieben sie zum Beispiel in einem Newsletter.
Bewohnerinnen und Bewohner einer Liegenschaft an der Amerbachstrasse im Kleinbasel fanden nun einen Brief in ihren Briefkästen, der zu dieser Propaganda passt, aber auch eine konkrete Lösung verspricht. So wird eine «Behandlung gegen ‚Deutsche Schaben’» angekündigt. Etwas forsch ausgedrückt, könnte man meinen. Und erst noch falsch geschrieben, denn heisst es nicht Schwaben (oder Schwoobe), wenn wir uns abfällig über die Deutschen äussern?
Unangenehme Krabbeltiere
Eine kleine Internet-Recherche bringt uns aber auf die richtige Spur und Entwarnung, was einen allfälligen Verstoss gegen die Antirassismus-Strafnorm betrifft. Mit der «Deutschen Schabe» ist kein Einwanderer aus dem nördlichen Nachbarland gemeint, sondern eben eine Schabe (ohne «w»), also ein Krabbeltier. Ein unangenehmes, weil es durch ihren Kot oder durch Erbrochenes Krankheiten übertragen kann!
Warum diese Schabe auch in der lateinischen Bezeichnung («Blattella germanica») die Nationalitäten-Bezeichnung «Deutsche» im Namen trägt, und dieses im noch geläufigeren Begriff «Schwabenkäfer» (oder «Schwoobekäfer») sogar noch im absolut abwertenden Sinne, ist nicht so richtig nachvollziehbar. Zumindest nicht im biologischen Sinne, denn das Getier hat mit Deutschland genau so viel zu tun wie mit der Schweiz oder Frankreich oder …
Ethnophaulismus
In einem Merkblatt zur Schädlingsbekämpfung der Stadt Zürich lesen wir: «Die Deutsche Schabe wurde vor etwa 200 Jahren mit dem Warenverkehr nach Europa geschleppt und ist heute auf der ganzen Welt verbreitet. Ihre ursprüngliche Heimat liegt vermutlich in Südostasien oder Afrika.» Im selben Papier wird aber mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass es sich um eine Einwanderin handelt, eine, die überdies gefährlicher ist als die einheimischen Verwandten: «Die Deutsche Schabe wird immer wieder mit der harmlosen einheimischen Waldschabe verwecheselt.»
Es liegt also auf der Hand, dass es sich bei dieser Bezeichnung um einen Ethnophaulismus handelt. Dieser Fachbegriff definiert die abwertende Fremdbezeichnung einer Volksgruppe. Insofern hat der Brief an die Hausbewohnerinnen und -bewohner indirekt doch etwas mit der Ideologie hinter der Masseneinwanderungsinitiative zu tun.