Gegenseitiges Schwarz-Peter-Spiel im Pferdefleisch-Skandal

Im europaweiten Lebensmittelskandal um falsch deklariertes Pferdefleisch wird nach Verantwortlichen gesucht. Mehrere Unternehmen und Länder weisen sich gegenseitig die Schuld zu.

Bei den Herstellern von Tiefkühlprodukten wurden Kontrollen durchgeführt (Archiv) (Bild: sda)

Im europaweiten Lebensmittelskandal um falsch deklariertes Pferdefleisch wird nach Verantwortlichen gesucht. Mehrere Unternehmen und Länder weisen sich gegenseitig die Schuld zu.

Der britische Umweltminister Owen Paterson sprach am Montag von einer „weitreichenden kriminellen Verschwörung“. Der Skandal scheine weite Teile Europas einzuschliessen. Vor rund einem Monat waren Pferdefleisch-Spuren in Hamburgern gefunden worden, die in Grossbritannien und Irland in Supermärkten verkauft wurden.

Vergangene Woche zeigten Tests, dass auch Rindfleisch-Lasagne bis zu 100 Prozent Pferdefleisch enthielt. Anders als etwa in der Schweiz ist der Verzehr von Pferdefleisch in Grossbritannien und Irland tabu.

Erste Spuren führten zu französischen Produzenten, die Fleisch unter anderem aus Rumänien beziehen. Frankreichs Präsident François Hollande kündigte Sanktionen gegen möglicherweise betrügerisch arbeitende Firmen an. Die französische Anti-Betrugsbehörde kontrollierte am Montag die Firmen Comigel in Metz und Spanghero in Castelnaudary.

Comigel hatte das Fleisch von der Firma Spanghero erhalten, die dieses nach eigenen Angaben aus Rumänien bezog. Spanghero versicherte, Rindfleisch eingekauft zu haben. Verarbeitet wurde das Fleisch von der luxemburgischen Firma Tavola. Alle drei Unternehmen sehen sich als Opfer des Skandals.

Rumänien fühlt sich an den Pranger gestellt

Die rumänische Polizei leitete Ermittlungen zu einem möglichen Etikettenschwindel ein. Verdächtig sind zwei Schlachthöfe nahe der nordostrumänischen Stadt Suceava. Beide Betriebe haben Genehmigungen zum Schlachten von Pferden. Einer von ihnen exportierte offiziell Pferdefleisch nach Italien und Bulgarien.

Rumäniens Ministerpräsident Victor Ponta wehrte sich aber gegen die Vorwürfe aus dem Ausland. Rumänien dürfe „nicht als Verdächtiger vom Dienst behandelt werden“ und „an den Pranger gestellt werden“, weil jemand in Frankreich die Daten über die Herkunft verändert habe, sagte er.

Tests hätten ergeben, dass keine rumänische Firma und auch keine ausländische auf rumänischem Gebiet EU-Regeln gebrochen habe. Die „Firmen aus Frankreich, Luxemburg oder woanders“ sollten direkt zur Verantwortung gezogen werden, forderte er.

EU: Keine Gefahr für Konsumenten

Seit wann und in welchem Umfang der Betrug mit Pferdefleisch läuft, wissen die Behörden bisher nicht. Eine Gefahr für die Konsumenten besteht aber nicht, wie der für Gesundheit und Konsumentenschutz zuständige EU-Kommissionssprecher am Montag in Brüssel sagte.

„Wir reden nicht über ein Problem der Lebensmittelsicherheit“, sagte der Sprecher. „Es geht um die Etikettierung.“ Ein auf EU-Ebene koordiniertes Vorgehen sei daher auch nicht notwendig.

Findus Schweiz, das zur Nestlé-Gruppe gehört, verwendet demnach für Lasagne, Cannelloni und Gratins ausschliesslich Schweizer Rindfleisch. Die Produkte würden in der Schweiz hergestellt.

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