Gehen Sie doch mal in den nahen Osten

In St. Gallen fängt die grosse Welt an, oder so. Zumindest spielt dort nicht nur die Popmusik, imfall.

In St. Gallen fängt die grosse Welt an, oder so. Zumindest spielt dort nicht nur die Popmusik, imfall.




Der Dom ist das Wahrzeichen von St. Gallen.

Hinter Winterthur hört die Schweiz auf, sagt ein Bonmot. Doch im Osten unseres Landes dreht man dieses um. So sagt man in St. Gallen: «Wenn hinter Winterthur die Schweiz aufhört, fängt die Welt an.» Ganz so weltläufig zeigt sich die Hauptstadt der Ostschweiz zwar nicht. Dennoch trumpft St. Gallen mit einer schmucken Altstadt, einem beeindruckenden Dom und einem sprudelnden Kulturleben auf. 

Während die Altstadt, ebenso wie die Stiftsbibliothek (Unesco-Weltkulturerbe!) Touristenbusse aus ganz Europa anzieht, weiss kaum einer, was das kulturelle Leben von St. Gallen zu bieten hat. Das ist viel. Da gibt es zum Beispiel ein Stadttheater aus massigem Beton, das unter dem neuen Schauspieldirektor Jonas Knecht selbst die Zürcher NZZ begeistert. 

Flauschige Sessel, schöne Töne

Doch auch der Pop hat in St. Gallen seine Orte. So besteht in einem alten Kino aus den Zwanzigerjahren seit einer Dekade das Konzert- und Clublokal Palace. Dort spielten schon Bands, die heute grosse Hallen füllen wie The XX, Animal Collective oder Caribou.

Doch auch neben dem beeindruckenden Programm gehört das «Palace» St. Gallen mit seinem roten Innenraum, den flauschigen Sesseln und dem ausladenden Balkon zu den schönsten Konzertlokalen der Schweiz. Im Gegensatz zu den üblichen kunstfeindlichen Eventtempeln mit Werbedisplays und Sponsoringbannern zählt hier die Musik, das merkt man auch am fantastischen Klang.



Palace St. Gallen

Eines der schönsten Konzertlokale des Landes: das «Palace» in St. Gallen. (Bild: Michael Bodenmann)

Vor dem Konzert sollte man noch auf ein einheimisches Schützengarten-Bier zum Beispiel in den «Schwarzen Engel». Die Genossenschaftsbeiz in der Engelgasse ist das Hirschi von St. Gallen und zieht ein wild durchmischtes Publikum von Altlinken bis FH-Studentinnen an. Und der «Schwarze Adler» gleich um die Ecke ist mit seinen Empanadas eine kulinarische Institution in der Stadt, genauso wie das Restaurant Baratella, der beste Italiener in St. Gallen. Die frisch renovierte «Militärkantine» auf der Kreuzbleiche-Wiese gehört zu den neu eröffneten Hotel- und Restaurant-Perlen der Stadt.

In keiner Stadt ist man schneller im Grünen

Nach so viel Kultur und Kalorien tut ein Spaziergang am nächsten Morgen wohl. Während sich der Stadtgründer Gallus, ein irischer Mönch, noch durch dichten Wald kämpfen musste, kann man hinter dem Dom gemütlich das Mühleggbähnli hinauf zu den Drei Weieren nehmen. Diese wurden einst als Löschwasserreserve ausgehoben und sind heute im Sommer wunderbare Freibäder.

Von oben hat man einen schönen Blick auf die Altstadt, bei guter Sicht sieht man bis zum Bodensee. Wer sich noch mehr Natur wünscht, gönnt sich einen Abstecher ins nahe Appenzellerland. Es ist ein weiterer Trumpf von St. Gallen – in kaum einer anderen Schweizer Stadt ist man schneller im Grünen.

Zu guter Letzt machen wir noch einen Abstecher ins Café St Gall: Während man in Basel noch um die Hauptpost kämpft, ist sie in St. Gallen längst zur öffentlichen Bibliothek geworden. Im zweiten Stock kann man gemütlich mit einer grossen Auswahl an Zeitschriften seine Zeit verplempern, bevor man zurück in den Zug ans Ende der Schweiz fährt. 

  • Fürs Auge: Die Stiftsbibliothek des ehemaligen Benediktinerstifts in St. Gallen gehört zum Unesco-Weltkulturerbe. Klosterhof 6
  • Fürs Ohr: Das Konzertlokal Palace steht für die Hingabe zur Musik und beherbergt immer wieder Popgrössen. Blumenbergplatz
  • Für den Bauch: Empanadas gibts im «Schwarzen Adler» am Marktplatz 12, italienische Küche im «Baratella» am Unteren Graben 20.
  • Für müde Glieder: Die «Militärkantine» ist eine Hotelperle. Kreuzbleicheweg 2

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