Gemeinsame Spitalgruppe beider Basel nimmt Form an

Die Fusion des Universitätsspitals Basel (USB) und der Baselbieter Kantonsspitäler (KSBL) zu einer Spitalgruppe beider Basel nimmt Form an: Durch den bis 2020 angestrebten Zusammenschluss sollen mindestens 70 Millionen Franken im Jahr eingespart werden.

Die Fusion des Universitätsspitals Basel (USB) und der Baselbieter Kantonsspitäler (KSBL) zu einer Spitalgruppe beider Basel nimmt Form an: Durch den bis 2020 angestrebten Zusammenschluss sollen mindestens 70 Millionen Franken im Jahr eingespart werden.

Seit der Ankündigung der Zusammenlegungsabsicht zwecks Kostendämpfung Mitte 2015 war um die finanziellen Eckdaten und die konkreten Aufgaben für die vier Standorte gerungen worden. Am Donnerstag legten die Gesundheitsdirektoren Thomas Weber (BL) und Lukas Engelberger (BS) vor den Medien in Münchenstein BL ihre Karten auf den Tisch.

Keines der vier bestehenden Spitäler in Basel, Liestal, Bottmingen BL (Bruderholzspital) und Laufen BL soll aufgegeben werden. Dagegen werden die Aufgaben neu zugeordnet, wobei manche Standorte Spezialgebiete für die ganze Gruppe übernehmen sollen. Voll ausgebaute Notfallstationen gibt es nur noch in Basel und Liestal.

Ambulanz-Neubau auf Bruderholz

Dafür wird auf dem Bruderholz namentlich die Orthopädie konzentriert, die bisher auch in Basel und Liestal angeboten wird. Neben dem maroden alten Bruderholz-Bettenhaus soll ab 2019 eine neue Tagesklinik für alle ambulanten Fälle beider Basel entstehen.

Patienten sollen auf dem Bruderholz bei Bedarf nach einer Operation eine Nacht bleiben können, was die Palette erweitert und die OP-Auslastung verbessert. Eine Permanence – eine Art abgespeckter Notfallpraxis – soll den «Campus» auf dem Hügel abrunden. Stationäre Fälle wird derweil das USB gewinnen.

Das USB ist laut KSBL-Verwaltungsratspräsident Werner Widmer «Flaggschiff» der Gruppe und Liestal Grundversorger. Degradiert wird Laufen, vom Kleinspital zum Gesundheitszentrum mit Permanence.

Weber rechnet damit, dass so die Bestandesgarantie des Laufentalvertrags wieder zu reden geben wird. In der Gruppe sei der Standort aber sicherer als heute. Beschliesse der Landrat etwas anderes, müsste Basellland die erheblichen Mehrkosten alleine tragen.

100 Betten streichen

Die schrittweise zu realisierende Schwerpunktsetzung soll mit höheren Fallzahlen pro Standort auch mehr Qualität bringen. Indes resultiert ein Bettenabbau: USB-Verwaltungsratspräsident Robert-Jan Bumbacher bezifferte diesen auf gegen neun Prozent der heute zusammen gegen 1300 akut-somatischen Betten, was rund 100 Betten entspricht.

Konkurrenten zu Partnern macht das Geld: «Auch bei konservativen Schätzungen» werden die betrieblichen Einsparungen der Spitäler auf insgesamt mindestens 70 Millionen beziffert. Die beiden Kantone sollen ihrerseits schon im ersten Jahr um 10 Millionen entlastet werden.

Bei den stationären Leistungen macht die Entlastung für Basel-Stadt 3,5 Millionen und für Baselland 0,5 Millionen Franken aus. Baselland muss zudem 6 Millionen Franken weniger für gemeinwirtschaftlichen Leistungen aufbringen.

Billiger gehen soll es im Verbund dank weniger Doppelspurigkeiten, dem Ausschöpfen von Synergien und Skaleneffekten bei Investitionen. Bumbacher versprach eine personalverträgliche Umsetzung der Pläne: Angesichts von Fachkräftemangel und Demografie müsse niemand um seinen Job fürchten; punkto Arbeitsort müsse man aber flexibel sein. Die hohe Fluktuation von gegen 15 Prozent mache Entlassungen wohl unnötig.

Stellenabbau offen

Wieviele Stellen wegfallen, mochte vor den Medien niemand der Behörden- und Spitalvertreter sagen – die Gewerkschaft VPOD rechnet die 70 Millionen Franken Synergien in 600 bedrohte Stellen um. Die fusionierte Spitalgruppe soll einen neuen Gesamtsarbeitsvertrag bekommen. Noch offen ist heute die Wahl der Pensionskasse.

Auch noch festzulegen ist die Kapitalisierung der neuen Gruppe; die beiden Basel hatten ihre Spitäler schon aus den Kantonsverwaltungen ausgelagert. Die Anteile sollen dem eingebrachten Eigenkapital entsprechen; Ende 2015 wären so 71,5 Prozent auf Basel-Stadt entfallen.

Später sollen maximal 30 Prozent des Kapitals an weitere öffentliche oder gemeinnützige Institutionen verkauft werden können. Laut Engelberger ist man in Kontakt mit Aargau und Solothurn.

Beide Basel sollen trotz den stark unterschiedlichen Kapitalanteilen an der vorgesehenen gemeinnützigen Aktiengesellschaft mit Sitz in Basel gleiche Stimmrechte erhalten. Stimmrechte späterer weiterer Miteigentümer sind laut Engelberger noch zu klären.

Gegen Fehlanreize

Dank betrieblichen Einsparungen soll die Spitalgruppe künftig Betrieb und Investitionen ohne kantonale Zuschüsse finanzieren können. Alleine sei die Selbstfinanzierung der Spitäler in Zukunft nicht garantiert, warnte Weber. Heute liege der EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) bei rund 7 statt mindestens nötigen 10 Prozent.

Für Engelberger ist das Basler Spitalgruppen-Modell wegweisend für die Schweiz. Damit könnten die Kantone ihr Gesundheitswesen steuern und finanziellen Fehlanreizen entgegenwirken, damit zum Beispiel das dank medizinischem Fortschritt ambulant Machbare nicht unnötig stationär gemacht wird. Privatspitäler hätten aber gleich lange Spiesse wie die öffentlichen.

Die so skizzierten Elemente werden nun in Entwürfe gegossen, die Mitte 2017 in Vernehmlassung gehen sollen. Auch die Wettbewerbskommission muss die Fusion noch prüfen. Danach dürfte es auch Volksabstimmungen geben. Die Rechtsgrundlagen sollen 2019 in Kraft treten, damit die Spitalgruppe per 2020 gegründet werden kann.

Vorgezogen werden Kooperationen in den Bereichen Augen, Orthopädie, Rehabilitation und Bauch. Laut Engelberger wollen die beiden Regierungen damit auch ein Zeichen ihrer Überzeugung setzen.

Initiative pendent

2017 wird im Übrigen in Baselland über eine Initiative abgestimmt, die das marode alte Bruderholzspital in seiner bisherigen Funktion erhalten und im Spitalgesetz festschreiben will. Eine Annahme würde laut Engelberger die Spitalgruppe in Frage stellen.

Erste Reaktionen fallen vorsichtig positiv aus. Die Linke will indes nicht Patienten und Personal den Preis zahlen sehen und will auch keine Privatisierung, mit der etwa die Baselbieter FDP liebäugelt. Letztere ist skeptisch punkto Einsparungen und Tarifen, und die Basler Liberalen machen sich für Privatspitäler stark.

Letztere selber halten Betten auf dem Bruderholz künftig für teure Überkapazitäten. Die Baselbieter SP hält den Standort Bruderholz für ungeeignet für eine Tagesklinik. Misstrauen über die Kantonsgrenzen ist ebenfalls verschiedentlich erkennbar, unter anderem wegen der Asymmetrie zwischen Kapitalanteilen und paritätischem Stimmrecht.

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