Der wegen Nackt-Selfies in die Schlagzeilen geratene Grünen-Politiker Geri Müller muss seine Führungs- und Repräsentativaufgaben als Stadtammann von Baden AG vorläufig abgeben. Dies entschied die Badener Stadtregierung an einer Sitzung vom Sonntagabend. Strafrechtlich scheint die Affäre aber keine Folgen zu haben.
Die Oberstaatsanwaltschaft Aargau verzichtet darauf, ein Verfahren wegen Amtsmissbrauchs gegen Müller einzuleiten. Dies sagte der stellvertretende leitende Oberstaatsanwalt Daniel von Däniken gegenüber elektronischen Medien.
Ein Amtsmissbrauch würde nur dann vorliegen, wenn Müller aktiv seine eigene Stadtpolizei mobilisiert hätte, um diese für seine Zwecke zu missbrauchen, sagte von Däniken. Die Staatsanwaltschaft habe aber keine Hinweise darauf.
Ungereimtheiten über Polizeieinsatz
Morgen Dienstag tritt Müllers Anwalt Andreas Meili in Zürich vor die Medien. Bei den Vorwürfen ging es um einen Polizeieinsatz in Baden, bei dem die ehemalige Geliebte Müllers festgehalten und befragt wurde.
Später beschlagnahmte die Berner Kantonspolizei das Handy der im Kanton Bern wohnhaften Frau. Darauf sollen sich auch die Nacktaufnahmen von Müller befinden.
Die Zeitung «Schweiz am Sonntag» hatte enthüllt, dass der Badener Stadtammann und Nationalrat von seinem Büro aus während der Arbeitszeit seiner Geliebten Nacktbilder von sich selber geschickt hatte, diese aber offenbar nach Ende der Affäre dazu bringen wollte, die «Selfies» wieder zu löschen.
Müller schrieb in seiner persönlichen Stellungnahme, dass er selber die Polizei eingeschaltet habe, weil seine Bekannte Suiziddrohungen ausgesprochen habe. Beim Kontakt mit dieser Frau habe es sich um eine rein private Angelegenheit gehandelt.
Die Frau hingegen sagte gegenüber der Zeitung, dass sie von Müller unter Druck gesetzt worden sei. Sei sei zudem unter einem Vorwand nach Baden gelockt worden, wo sie dann festgenommen wurde.
Stadtrat: gemeinsamer Entscheid
Der Entscheid des Stadtrats, dass Müller seine Führungs- und Repräsentativaufgaben als Stadtammann vorläufig abgeben müsse, sei ein gemeinsamer mit Müller gewesen, hatte der Stadtrat zuvor erklärt. Man wolle damit Müller Zeit einzuräumen, sich voll auf die Klärung der Situation zu konzentrieren. Für Müller gelte die Unschuldsvermutung. Müllers Aufgaben werden vorerst von Vizeammann Markus Schneider übernommen.
Schneider sagte gegenüber der Nachrichtenagentur sda, dass es zwar eine konstruktive Sitzung gewesen sei. Der Stadtrat habe aber nicht gerade mit Freude von den Vorwürfen Kenntnis genommen, und auch für Müller sei die Situation am Sonntagabend sehr belastend gewesen.
Für die vom Stadtrat getroffenen Massnahmen sei bewusst kein Zeithorizont gesetzt worden, sagte Schneider weiter. Der Ball liege nun bei Müller als Privatperson. Es sei abgemacht worden, dass man in Kontakt bleibe. Müller sei für die Mitglieder des Stadtrates für Fragen betreffend seiner Dossiers immer erreichbar.
Grüne Partei will Klarheit
Wenn man ein Nacktfoto an seine Geliebte verschicke, sei das Privatsache, verteidigte der Präsident der Grünen Partei Aargau, Jonas Fricker, Müller gegenüber «Schweiz Aktuell» des Schweizer Fernsehens SRF. Solche Fotos aus dem Stadthaus heraus zu verschicken, sei ein Fehler, aber sicher kein Rücktrittsgrund.
Die Grüne Partei der Schweiz erwartet von ihrem Nationalrat eine klärende Stellungnahme zu den Vorwürfen. Wie es mit seiner politischen Laufbahn weitergehe, müsse Müller gemeinsam mit seiner Kantonal- und seiner Kommunalpartei entscheiden, teilte die Partei mit. Intime Fotos im Büro aufzunehmen sei ein Fehler. Dies gelte umso mehr, wenn es sich um ein Regierungsgebäude handle.