Im international kritisierten Prozess gegen die Moskauer Punkband Pussy Riot hofft die Verteidigung auf ein mildes Urteil am 17. August für die Gegnerinnen von Kreml-Chef Wladimir Putin. Richterin Marina Syrowa vertagte nach einem im Eiltempo durchgepeitschten Prozess am Mittwoch die Entscheidung auf Freitag in einer Woche.
Die Staatsanwaltschaft hatte wegen Rowdytums aus religiösem Hass drei Jahre Gefängnis für die drei Musikerinnen beantragt und damit weltweit einen Proteststurm ausgelöst. Die angeklagten Künstlerinnen verteidigten ihren Protest gegen Putin in der Moskauer Erlöserkathedrale am 21. Februar erneut als freie Meinungsäusserung und hoffen auf Freispruch.
Die Europäische Union und die deutsche Regierung zeigten sich besorgt über den Prozess, den Menschenrechtler als beispiellosen Justizskandal zur Einschüchterung der Opposition kritisieren.
Es gehe um „Unregelmässigkeiten“ seit der Verhaftung der drei Frauen im März ebenso wie um die Umstände der Untersuchungshaft und das Tempo des Gerichtsverfahrens, sagte eine Sprecherin der EU-Aussenbeauftragten Catherine Ashton am Mittwoch in Brüssel. „Wir sind auch besorgt über Berichte über zunehmende Einschüchterung von Anwälten, Journalisten und möglichen Zeugen“, führte sie aus.
Die EU, die das Gerichtsverfahren durch Diplomaten beobachte, fordere Russland auf, seinen internationalen Verpflichtungen nachzukommen und ein faires Verfahren zu garantieren. „Die EU wird diesen Fall sehr genau weiter verfolgen“, sagte Ashtons Sprecherin.
Vergleich mit Stalin-Zeit
Die Angeklagte Nadeschda Tolokonnikowa (22), die das Chamowniki-Gericht mit geballter Faust betrat, verglich das Verfahren mit den politischen Repressionen in den 1930er Jahren unter Sowjetdiktator Josef Stalin.
Pussy-Riot-Mitglied Maria Aljochina (24), die wie Tolokonnikowa ein kleines Kind hat, sagte, dass sie keine Gefängnisstrafe fürchte. Ihre „innere Freiheit“ könne ihr niemand nehmen.
Die dritte Angeklagte, Jekaterina Samuzewitsch, die an diesem Donnerstag 30 Jahre alt wird, wies die Anklage als „konstruiert“ zurück. Im Saal gab es immer wieder Applaus für die vielen Zitate der Frauen aus der Bibel und den Klassikern der russischen Literatur. Richterin Syrowa schimpfte dagegen: „Das ist kein Theater.“
Verteidiger Nikolai Polosow meinte, dass sich das Urteil wegen der internationalen Proteste verzögern könne. „Russland ist ein nach Westen orientiertes Land. Weil sich die Beziehungen durch ein scharfes Urteil gegen Pussy Riot verschlechtern dürften, erwarten wir einen milden Richterspruch“, sagte Polosow. Der Anwalt rechnete damit, dass Richterin Syrowa die weltweiten Appelle berücksichtigt.