Das Zürcher Obergericht hat noch nicht darüber entschieden, ob die Hausdurchsuchungen vom 20. März bei SVP-Nationalrat Christoph Blocher zulässig waren. Es ging dabei um Unterlagen über ein Bankkonto des inzwischen zurückgetretenen Nationalbankpräsidenten Philipp Hildebrand.
Die dritte Strafkammer des Obergerichts muss sich zunächst zum Antrag äussern, das Beschwerdeverfahren sei bis zur Klärung von Blochers parlamentarischer Immunität zu sistieren. Dieser Entscheid sei noch nicht gefällt worden, sagte Obergericht-Sprecherin Andrea Schmidheiny am Freitag auf Anfrage.
Die Zürcher Staatsanwaltschaft will in einem Strafverfahren klären, ob sich Blocher der Bankgeheimnisverletzung schuldig gemacht hat. Zunächst wird sie gemäss Sprecherin Corinne Bouvard abwarten, bis die Frage von Blochers parlamentarischer Immunität definitiv geklärt ist.
Die zuständigen Kommissionen von National- und Ständerat sind sich einig, dass Blocher für die Zeit vor seiner Vereidigung am 5. Dezember 2011 keine parlamentarische Immunität geniesst. In diese Zeit fällt das Treffen Blochers vom 3. Dezember mit dem Thurgauer Anwalt und SVP-Kantonsrat Hermann Lei und dem Bank-Informatiker, der über Devisengeschäfte von Hildebrand informiert war.
Voraussichtlich sämtliche Vorwürfe unter der Lupe der Justiz
Was die Zeit nach der Vereidigung betrifft, sind sich die Kommissionen noch nicht einig. Diese Frage betrifft den 27. Dezember. An dem Tag soll Blocher versucht haben, den Thurgauer SVP-Kantonsrat Lei dazu anzustiften, zusammen mit dem Sarasin-Informatiker die Bankunterlagen des Ehepaars Hildebrand an die „Weltwoche“ weiterzuleiten. Die Zürcher Staatsanwaltschaft hält auch diese Vorgänge für strafwürdig.
Während die Nationalratskommission Blocher nach seiner Vereidigung die parlamentarische Immunität zugestehen will, ist diese für die Ständeratskommission nicht gegeben, weil kein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Nationalratsmandat bestehe. Die Immunitätskommission des Nationalrates wird sich nächste Woche nochmals mit dem Thema beschäftigen.
Bleibt es bei der Differenz zwischen den Kommissionen, dürfte sich de facto die ständerätliche Haltung durchsetzen, weil ein zweiter Nichteintretensentscheid einer Kommission laut Parlamentsgesetz endgültig ist. Dies bedeutet, dass die Justiz sämtliche Vorwürfe gegen Blocher auch nach seiner Vereidigung wird untersuchen können – somit auch die Weitergabe von Informationen an die Medien.