Eine Gerichtsmedizinerin in Australien hat am Freitag einen der bekanntesten und umstrittensten Kriminalfälle der Landesgeschichte zum vierten Mal aufgerollt: den Tod eines neun Wochen alten Babys 1980, das nach Angaben seiner Eltern im australischen Outback von einem Dingo verschleppt wurde.
Die Mutter des Kindes wurde wegen Mordes an ihrer Tochter verurteilt und später freigesprochen. Sie und ihr Ex-Mann hoffen nun, dass neue Beweise über Angriffe von Wildhunden auf Kinder 32 Jahre nach dem Verschwinden ihrer Tochter zu einer vollständigen Rehabilitierung führen.
Die Ermittler erklärten am Freitag vor Gericht, anders als in den 1980er Jahren sei inzwischen bekannt, dass Wildhunde durchaus ein Kind töten könnten. In den Jahren nach dem Verschwinden des kleinen Mädchens, Azaria Chamberlain, habe es zahlreiche Dingo-Angriffe auf Menschen gegeben, einige davon tödlich.
Die Anhörung wurde am Freitag ohne Entscheidung vertagt. Wann die zuständige Gerichtsmedizinerin ihr Urteil abgeben würde, war zunächst unklar.
Aus dem Zelt verschwunden
Die damals neun Wochen alte Azaria war im August 1980 während der Ferien der Familie aus ihrem Zelt im Outback verschwunden. Camper sagten der Polizei, sie hätten damals ein leises Knurren und anschliessend Babygeschrei gehört.
Die Mutter des Kindes, Lindy, sagte, sie habe einen Dingo vom Zelt wegrennen sehen. Vor dem Zelt seien Spuren eines Dingos zu sehen gewesen. Auf dem Schlafplatz im Innern des Zelts seien Blutspuren entdeckt worden, hiess es.
Als die Mutter das leere Bett ihrer Tochter sah, soll sie geschrien haben: „Der Dingo hat mein Baby!“ Das Zitat wurde später durch den Film „Ein Schrei in der Dunkelheit“ mit Meryl Streep bekannt, der auf dem Fall Azaria Chamberlain basiert.
Mutter lebenslänglich verurteilt
Azarias Leiche wurde bis heute nicht gefunden. Allerdings fand man in der Wüste um das Zeltlager der Familie die zerrissene und mit Blutflecken beschmutzte Kleidung des Kindes.
Weil die Behörden damals daran zweifelten, dass ein Dingo stark genug sei, um ein Baby mitzunehmen, wurde Lindy Chamberlain des Mordes angeklagt. Die Staatsanwaltschaft warf Chamberlain damals vor, ihrer Tochter im Auto der Familie die Kehle durchtrennt und die Leiche anschliessend in der Wüste vergraben zu haben.
Als Beweise wurden auch forensische Tests angeführt, die offenbar auf Blutspuren im Auto hinwiesen. Erst Jahre später stellte sich bei neuen Tests heraus, dass es sich nicht um Blutflecken handelte.